Rezension

Tarantino ist nicht umsonst Filmemacher + Drehbuchschreiber, kein Romancier

Es war einmal in Hollywood -

Es war einmal in Hollywood
von Quentin Tarantino

Bewertet mit 3 Sternen

Ich habe den Film dazu zwar schon sehr lange auf meiner Watch-List, und sogar die Blu-Ray Version vor einem Jahr gekauft. Aber dennoch bin ich bisher nicht dazu gekommen, mir es auch anzuschauen. Somit konnte ich aber auch ganz unvoreingenommen an das Buch herangehen und wusste tatsächlich kaum, was mich erwarten wird.

Was habe ich bekommen? Ein Buch über Hollywood anno 1969, in dem mehrere Handlungsstänge erzählt werden - und leider keine davon wirklich zu Ende. Vor allem der sehr abrupte Abschluss, ohne dass die Ereignisse vorkommen, von denen ich definitiv wusste, hat mich negativ überrascht.

Am meist hat mich ja die Geschichte rund um Cliff interessiert, aber auch der Teil rund um die Manson Family. Am wenigsten der Westerndreh von Rick. Zwischendrin ist Tarantino aber nicht selten abgeschweift, hat kleine Anekdoten eingestreut (die mit der eigentlichen Handlung rein gar nichts zu tun hatten sondern einzig und allein sein umfangreiches Filmwissen unter Beweis stellen) und er betreibt seitenweises Namedropping. Wer mal warum und wo mit wem gedreht hat oder fast gedreht hätte oder gern mal gedreht hätte oder irgendwann nochmal drehen wird. Sooo viele Namen, die meisten für mich unbekannt und leider auch so uninteressant, dass ich mir das Googeln erspart habe (das habe ich dann nur bei einigen wichtigen Personen der Handlung getan. Vor allem wollte ich wissen, ob es für die junge und für ihr Alter äußerst taffe Darstellerin der Mirabell Lancer eine reale Entsprechung gab, aber da will sich das Internet nicht festlegen).

Jedenfalls hat man daran gut gemerkt, dass Tarantino ohne Zweifel ein ausgezeichneter Drehbuchschreiber und Filmemacher ist (und dazu auch noch sehr fasziniert vom Hollywood der 60er Jahre), aber deshalb noch lange kein guter Romancier. Der würde solche Aufzählungen niemals einbauen, zumal sie meist für die Handlung an sich auch völlig unerheblich waren. 
Ein anderes Indiz für einen schlechten Romanautor: Quentin Tarantino ergeht sich zum Beispiel in einer seitenlangen penibel genauen Beschreibung einer Kneipe (inklusive der Angabe, welche der Filmplakate an der Wand gerahmt sind und welche nur mit Reißzwecken befestigt wurden). Das alles sind wertvolle Hinweise für den Set Designer, die ein Drehbuchschreiber wahrscheinlich geben würde wenn er später am Set alles genau so haben möchte wie er es sich in seinem Kopf vorstellt beim Schreiben. Aber diese Detailfülle ist doch recht selten in Romanen zu finden. Genauso wenig wie die Angabe, wie lange der Barkeeper noch bei den Männern verweilt, bevor er sich dann einem anderen Gast zuwendet. Es finden sich haufenweise Anmerkungen, die für die Handlung total unerheblich sind und als reine 'Regieanweisungen' fungieren.

Mit all dem hätte ich aber wahrscheinlich auch leben können, wenn die Handlung wenigstens rund gewesen wäre. Aber bei keiner der Handlungsstränge kommt es zu einem Abschluss. Es ist eher so, als ob wir einen zeitlich sehr begrenzten Lebensabschnitt von verschiedenen Personen begleiten, der irgendwo anfängt (teilweise auch mit Rückblenden versehen) und genauso unvermittelt dann auch wieder aufhört. Das hatte ich von einem Meister des Erzählens auf der Leinwand doch anders erwartet.

Den Film schaue ich natürlich trotzdem. Zumal am Ende in einer Anmerkung steht, dass das Buch "eine frische, spielerische, aber auch schockierende Abkehr von der Filmfassung ist". Vielleicht endet der Film ja ganz anders? Tarantino hat dieses Buch ja offensichtlich auch erst NACH dem Film geschrieben, und es war auch sein erster Roman. Vielleicht übt er das ja erst noch.