Rezension

Thriller mal anders - außergewöhnliche Thematik

Menschenfischer
von Markus Veith

Bewertet mit 4 Sternen

Markus Veiths Thriller "Menschenfischer" ist ein Thriller weitab des Mainstream und vermag durch seine komplexe und verzwickte Handlung zu überzeugen. Denn nichts ist, wie es scheint.

Patric, ein junger Mann der in einem Verlag als Volontär arbeitet, bekommt den Auftrag, eine Psychologin und Künstlerin zu interviewen. Doch das Treffen läuft anders als erwartet, denn Elisa Hain berichtet Patric nicht von ihrer Kunstgruppe und deren Arbeiten, sondern wartet mit einer ganz unglaublichen Geschichte auf.

Die Geschichte ihrer Nichte Susanne, die von den Menschenfischern verfolgt und letztlich bei dem Bombenattentat am Rosenmontag getötet wurde. Patric ist skeptisch, allerdings hat sie mit dem Aufhänger Rosenmontagsanschlag seine Neugier geweckt. Elisa Hain rollt Susannes Lebensgeschichte auf und weiht Patrick in die Geheimnisse des im verborgenen  agierenden Club der Menschenfischer ein.

Die Menschenfischer sind skurrile Gestalten des Alltagslebens, wie sie in jeder Stadt zu finden sind. Hier sind es unter anderen die Mülleimerhockerin, die Blätter zerrupft, der Prediger der die Menschen bekehren möchte, der Maler "Werwillnbild" der von Kneipe zu Kneipe zieht und die Eule, die ihre treffenden und verfremdeten Zitate mit Kreide an die Häuserwände schreibt. Alles Personen, die auch Patrick im Laufe der Zeit aufgefallen sind. Menschen, die durch ihre Andersartigkeit aus der Masse heraus stechen, um die sich Geschichten und Gerüchte ranken, die ein jeder kennt und die das Stadtbild prägen. Neu für Patric ist, dass sich diese Personen zu einem geheimen Club zusammengeschossen haben sollen, dem auch Susanne angehörte. Patric schwankt zwischen Faszination und Ablehnung, zu obskur ist der Gedanke eines im geheimen agierenden Bundes. Doch Elisa ist sehr überzeugend. Sie führt ihn zu einem leerstehenden, heruntergekommenen Bahnhofsgebäude, in dem sich die Menschenfischer angeblich treffen....

Der erste Teil der Story wird durch das Interview zwischen Patric und Elisa dominiert. Wobei man weder zu Patric, noch zu Elisa viel erfährt, im Mittelpunkt steht Susanne und ihre Lebensgeschichte. Susanne wiederum ist so detailliert und dicht gezeichnet, dass sie beim lesen wie eine reale Person entsteht. Sie hatte keine leichte Kindheit, die Trennung ihrer Eltern und das Leben bei ihrer bigotten Mutter hat sie geprägt. Aus dem einstmals hübschen Mädchen wurde eine gehemmte, psychisch labile und zutiefst verunsicherte Frau. Sie nahm stark zu, wurde in der Schule gemobbt. Nie hat sie eigenes Denken erlernt, Wissen hat sie auswendig gelernt. Vor allem Susannes Psyche wird von allen Seiten beleuchtet, so dass nachvollziehbar wird, wieso sie sich durch die Menschenfischer angezogen fühlte. Immer vorausgesetzt, dass es diese geheime Organisation tatsächlich gibt. Denn Beweise hat Elisa keine und Patric zweifelt bis zuletzt.

In der zweiten Hälfte wechseln die Protagonisten, Patrics Mentorin Britta vom Verlag und der Chefredakteur Günter wurden von Patric informiert. Jetzt ist es an ihnen, die Geschichte um die Menschenfischer auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Vor allem Britta analysiert Patrics Interview mit Elisa, sie stellt Überlegungen an, Theorien und kommt der Wahrheit immer näher. Oder sind es doch nur Vermutungen? Bis zum Schluss ist das nicht wirklich klar.

Der Autor packt seine Leser mit einer ganz ungewöhnlichen Geschichte, auch ungewöhnlich erzählt, durchsetzt mit Zitaten aus Goethes Faust. Ich war von der Story gepackt, aber auch verwirrt, ständig habe ich überlegt was hinter der Geschichte steckt und wohin uns der Autor führt. Beim lesen hatte ich stellenweise Gänsehaut, es entstand eine Neugier, so dass ich unbedingt wissen wollte, was es mit den Menschenfischern auf sich hat. Er baut Wendungen ein, die mich baff zurück ließen, mit denen ich so nie gerechnet hätte. Die Spannung schleicht sich ganz langsam ein, baut sich dann aber kontinuierlich auf um mit einem schockierenden Ende aufzuwarten.

Fazit: Mich hat der Thriller durch die Story und die Umsetzung überzeugt. Die Thematik ist einerseits sehr komplex, andererseits verwirrend, aber zu fast jeder Zeit fesselnd. Ein Buch, das mir immer noch durch den Kopf spukt. Es regt zum nachdenken an und ich weiß, wenn ich das nächste Mal eine skurrile, stadtbekannte Person wahrnehme, werde ich sie mit anderen Augen sehen.