Rezension

Tiefgründig, nachhaltig, berührend

Bananenangst -

Bananenangst
von Patricia Modispacher

Bewertet mit 4.5 Sternen

Angst vor Bananen? Willkommen in Scarletts Welt. Die 23-jährige Protagonistin hat in den letzten Jahren viel Gewicht verloren. Ihre Erklärung dafür: Sie hat ein Problem mit dem Essen. Um wieder einen gesunden Umgang mit dem Essen zu erlernen verbringt sie ihre Semesterferien in einer psychosomatischen Klinik. Wir Leser begleiten sie auf ihrem Weg hin zu einer „Genesung“ - soweit dies möglich ist – bei der sie schnell erkennt, dass es mit einer Gewichtszunahme an sich nicht getan ist. Es ist eine Reise in ihre Psyche, durch ihre Erlebnisse und Ängste. Dabei werden nicht nur mögliche Symptome einer Essstörung beschrieben, sondern auch die Gründe und Umwelteinflüsse, die bei Scarlett zu der Erkrankung geführt haben, sowie Lösungsansätze dargestellt.

Der Autorin gelingt es, eindringlich die ungesunden Gedankenstrukturen von Scarlett darzulegen, sodass diese nachvollzogen werden können. An einigen Stellen passiert es durchaus, dass die Leser solche Gedanken kennen oder schon einmal Ähnliches empfunden haben. Das lässt einen nachdenken und die eigenen Gedankenstrukturen hinterfragen. Da es in die Tiefe geht und nah an einen herankommt, ist dieses Buch nur zu empfehlen, wenn man sich emotional stabil fühlt und denkt, mit dieser direkten Konfrontation umgehen zu können.

Die angesprochenen Themen werden präzise und prägnant dargestellt. Es sind oftmals keine umfangreichen Beschreibungen erforderlich, um den Kern der Aussage erfassen zu können. Diese wird jedoch nicht auf einem Silbertablett serviert ausgesprochen oder dem Leser aufgedrängt, sondern beispielsweise durch Metaphern dargestellt und ist zwischen den Zeilen herauszulesen, was noch nachhaltiger wirkt. Zudem beschäftigen wir Leser uns dadurch noch intensiver mit der Thematik. Des Weiteren wird immer wieder deutlich, dass sich das Buch sprachlich auf einem hohen Niveau befindet. Es ist durch eine sprachliche Vielfalt gekennzeichnet. Beispielsweise befinden sich zu Beginn eines Kapitels jeweils kurze Abschnitte, die den Lesern das Gefühl geben, direkt angesprochen zu werden. Solche Stilmittel verdeutlichen die von der Autorin angesprochenen Inhalte, sodass diese noch nachhaltiger in Erinnerung bleiben.

Die Geschichte ist realistisch. Es werden nicht nur Erfolge aufgezeigt, sondern dargelegt, dass auch Rückschläge normal sind, dass es ein langer und für die Betroffenen und deren Angehörigen schwieriger Weg zurück in ein gesundes Leben ist. Es wird deutlich, dass nicht alles wieder gut wird, nur weil man in eine Klinik geht und dort an Gewicht zunimmt. Denn es erfordert viel Mut und Kraft, diesen Weg zu beschreiten. All das wird verdeutlicht, sodass es für Nichtbetroffene nachvollziehbar wird und Klischees ausgeräumt werden.

Wenn ihr gerne mehr über das Thema „Essstörungen“ erfahren möchtet, ohne eine klassisches Sachbuch zu lesen, und gerne Impulse zum Nachdenken erhalten möchtet, kann ich euch dieses Buch empfehlen. Verpackt in die Geschichte von Scarlett werden auf anschauliche Weise Fakten über das Erkrankungsbild, mögliche Gedankenstrukturen und den Therapiealltag vermittelt.