Rezension

Tiefgründige Geschichte über zweite Chancen, die Bedeutung der Familie und über die Suche nach sich selbst - empathisch und feinfühlig erzählt.

Der Junge, der ans Meer glaubte -

Der Junge, der ans Meer glaubte
von Salvatore Basile

Marco arbeitet als Reinigungskraft in einem Schwimmbad. Als er seinen Schwarm Virginia und ihre Freunde dabei beobachtet, wie sie elegant vom Turm springen, ist er so davon fasziniert, dass er selbst nachts im Schwimmbad Sprünge trainiert. Virginia lädt ihn daraufhin ein, mit ihnen ans Meer zu fahren. Im Wasser fühlt sich Marco frei und kann vergessen, dass er einsam und heimatlos ist und als Kind von einer Pflegefamilie zur nächsten gereicht wurde. Im Übermut und um sich vor Virginia und ihren Freunden zu beweisen, springt Marco von einer Klippe, verletzt sich zum Glück aber nicht so massiv. Die Einschränkungen, unter denen er nach dem Sprung leidet, sind vor allem psychischer und weniger physischer Natur. Seine Psychotherapeutin Lara kümmert sich engagiert um den 18-Jährigen und stellt fest, dass sie Marco von früher kennt. In der Hoffnung, ihm zu helfen und selbst ihren Frieden zu finden, nimmt sie ihn aus therapeutischen Gründen mit in ihr Heimatdorf Sarcola.
"Der Junge, der ans Meer glaubte" ist eine zunächst melancholische, fast schon beklemmende Geschichte, denn Marcos Leben ist eintönig und einsam. Als Waisenkind hat er keine Wurzeln und fühlt sich ungeliebt, er hat nie gelernt, was es heißt, Halt zu haben und Geborgenheit zu empfinden. Beim Sprung ins Wasser spürt er den Nervenkitzel und kann beim Abtauchen seine Traurigkeit vergessen. Nach seinem Unfall ist Marco wütend und resigniert und möchte sich zunächst nicht helfen lassen. Virginia und Lara sind die ersten Menschen, die sich um ihn bemühen und es schaffen, ihn langsam wieder aufzubauen. Marco weiß nicht, was ihn in dem Dorf erwartet. Er bekommt durch den Aufenthalt bei Lara in Sarcola jedoch die Chance, seine Wurzeln zu finden, zu erkennen, wer er ist, und hat damit die Chance auf einen Neuanfang ohne weiter mit der Ungewissheit seiner Vergangenheit zu hadern.
Der Roman erzählt eine tiefgründige Geschichte über zweite Chancen, die Bedeutung der Familie und über die Suche nach sich selbst. Sie ist wunderschön empathisch und feinfühlig geschrieben und mit einem Hauch von Magie unterlegt. Die Schicksale der Charaktere, neben Marco auch die der Nebencharaktere Lara und Antonio, berühren und es ist verständlich, dass sie sich nach den Ereignissen in der Vergangenheit zurückgezogen haben und die Hoffnung auf ein wenig Glück verloren haben. Es ist schön zu sehen, wie Lara und Marco in Sarcola aufblühen und auch Antonio neugierig auf den verwundeten Jungen und seine ehemalige Nachbarin Lara wird.
Die Beschreibung des Settings ist so eindrucksvoll malerisch, dass man sich selbst an und ins Meer versetzt fühlt und dessen Unberechenbarkeit erkennt. Auch das kleine Fischerdorf und Antonios Hof mit den Zitronenbäumen und Malven hat man bildhaft vor Augen.
Der Roman schenkt Hoffnung, zeigt, dass es nie zu spät ist, neu anzufangen, dass Wunder geschehen können und dass es möglich ist, eine belastende Vergangenheit hinter sich zu lassen und sich und anderen verzeihen zu können. Freundschaft, Mut und der Glaube an sich selbst sind die Kräfte, die mobilisieren und die am Ende auch Herzen öffnen.