Rezension

Tiefsinniger Roman

Die hässlichste Frau der Welt - Margrit Schriber

Die hässlichste Frau der Welt
von Margrit Schriber

Bewertet mit 4 Sternen

Julia Pastrana, eine Frau, mit einem genetischen Defekt. Sie hat einen überaus starken Haarbewuchs, vor allem im Gesicht.
Sie ist die Bartfrau, die Bärenfrau, die Affenfrau, die hässlichste Frau der Welt.
Eigentlich bräuchte es nur zwei Wörter, um dieses Buch zu beschreiben "verdammt gut".
Margrit Schriber legt keinen Wert auf große Beschreibungen von Gefühlen. Sie stellt faktisch dar. Knallhart. Und das ist manchmal viel schlimmer als seitenlang über die Gedanken und Probleme von Julia zu lesen. Das lässt viel mehr eigene Interpretation zu und macht es so viel schrecklicher.
Man kommt nicht umhin, sehr viel Mitleid für Julia und die Burlesque-Tänzerin Rosie la Belle zu empfinden. Rosie ist da, um Julia noch hässlicher zu machen. Rosie, ein kleines Mädchen aus der Innerschweiz, ausgezogen, um die neue Welt kennenzulernen, wird von Julias Impresario zum Star gemacht. Beide Mädchen lieben den Dompteur Theodor Lent, obwohl er egozentrisch ist und die beiden nur eine Aktie für sie sind.
Er schreckt vor nichts zurück.
Nicht davor, Rosie zu vergewaltigen.
Nicht davor, Julia zu seiner Frau zu machen um sein Tun zu legitimieren.
Nicht davor, sie und ihr gemeinsames Kind nach dem Tod ausstopfen und ausstellen zu lassen.
Dieser Mann ist schrecklich und skrupellos, doch die beiden Frauen können nicht ohne ihn.
Rosie kehrt nach Jahren zurück in ihr Heimatdorf, wo sie von ihren Erlebnissen erzählt und Julia ihre letzte Ehre erweist bevor sie selber stirbt.
Obwohl das Buch nicht unbedingt lang ist (190 Seiten), lohnt sich doch jeder Satz darin. Ich denke, niemand kann sich der Magie des Buches entziehen und wird mitgezogen ins 19. Jahrhundert und nimmt Teil an Julias traurigem Schicksal.
Das einzige Manko an diesem sonstigen Meisterwerk ist der Beginn. Der Einstieg ist sehr schwierig aufgrund der Erzählperspektive. Doch nach den ersten Seiten und Kapitel wird das klar und man kann sich voll und ganz auf dieses bewegende Werk einlassen.