Rezension

Tod am Ufer der Seine

Lacroix und der blinde Buchhändler von Notre-Dame -

Lacroix und der blinde Buchhändler von Notre-Dame
von Alex Lépic

Bewertet mit 4 Sternen

Zwar hat es der Verlag jetzt offiziell gemacht, aber zumindest unter Krimileser*innen war/ist es schon länger ein offenes Geheimnis, dass sich hinter dem Pseudonym Alex Lépic der äußerst produktive deutsche Journalist und Frankreich-Experte Alexander Oetker verbirgt. Im Bereich „Urlaubskrimis“ bedient er gleich vier Destinationen: Aquitanien mit Luc Verlain, Marseille mit den Zwillingsschwestern Zara und Zoë“, Zypern mit Sofia Perikles und in und um Paris begleiten wir Commissaire Lacroix bei seinen Ermittlungen. Und Commissaire Lacroix ähnelt nicht von ungefähr George Simenons Maigret, auch wenn er selbst diesen Vergleich nicht mag. Wie dieser ist er ein angenehmer, in sich ruhender Zeitgenosse, der besonnen sein sympathisches Team vom Quai des Orfèvres führt und sich bei seinen Ermittlungen von seiner Beobachtungsgabe und Intuition leiten lässt.

So auch in seinem aktuellen Fall. Wer schon einmal in Paris war und am Ufer der Seine Richtung Notre-Dame entlang geschlendert ist, dem sind bestimmt auch die Bouquinisten auf gefallen, die dort ihre Stände haben und mittlerweile nicht nur Bücher sondern auch jede Menge Kruscht, vom Handystick bis zum Ansichtskarten, verkaufen, um damit ihr Überleben zu sichern. Eine Entwicklung, die die Alteingesessenen nicht immer mit Wohlwollen betrachten, zumal dieser Berufsstand auf eine lange Tradition zurückblicken kann. Aber es gibt sie noch, auch in der jüngeren Generation, für die diese Tätigkeit mehr als ein Job, ja eine Berufung ist. Deshalb schockiert es sie umso mehr, als Gabin, einer der engagierten jungen Bouquinisten, tot aus der Seine geborgen wird. Unfall oder Mord, diese Frage gilt es zu beantworten. Und wer würde sich dafür besser eignen als Commissaire Lacroix? Aber was hat es mit Hugo, dem blinden Buchhändler, auf sich? Das gilt es herauszufinden.

Es sind verschiedene Charakteristika, die diese Reihe auszeichnen. Zum einen ist es natürlich das Flair der französischen Metropole, auch wenn man den Radius und das Milieu, in dem Monsieur sich bewegt, durchaus etwas erweitern könnte. Zum anderen ist es die Beschreibung der klassischen Polizeiarbeit, die unaufgeregten Ermittlungen mit ihrem (fast) völligen Verzicht auf die explizite Beschreibung brachialer Gewalt. Manchmal etwas langatmig, aber dennoch äußerst wohltuend, wenn man sich so anschaut, was manche Autoren ihren Lesern an Perversionen präsentieren. Das Stammpersonal ist ausnahmslos sympathisch, ganz gleich, ob es Lacroixs Team oder dessen Freundeskreis ist. Und die Fälle? Diese orientieren sich an dem, was man klassischerweise mit dem touristischen Paris verbindet. An sich nicht sonderlich spektakulär, aber immer schlüssig in der Auflösung. Wer also Lust auf einen kriminellen Kurztrip in die Hauptstadt an der Seine und genug von abartigen Serienkillern hat, kann hier ohne Bedenken zugreifen.