Rezension

Tolle Geschichte damals und heute

Der Kaufmann von Lippstadt - Rita Maria Fust

Der Kaufmann von Lippstadt
von Rita Maria Fust

Bewertet mit 4 Sternen

Der Kaufmann von Lippstadt ist Rita Maria Fusts erster Roman.

Mitte des 18. Jahrhunderts ist der siebenjährige Krieg in Lippstadt gerade erst vorbei, als eine Explosion die Stadt erschüttert. Wie kam es dazu und wieso wurde der einflussreiche Kaufmann Ferdinand Overkamp in der Nähe der Explosionsstelle gesehen?

Ferdinand Overkamp ist im historischen Teil des Buchs die Hauptfigur. Das Leben von ihm und seiner Familie wird geschildert. Doch durch einen unglücklichen Zufall beginnt der Abstieg der bis dahin gut situierten Familie.

Oliver Thielsen ist der Protagonist im aktuellen Teil des Buchs, der im Jahr 2010 spielt. Nachdem Thielsens Oma verstorben ist, findet er alte Briefe, die den Lübecker nach Lippstadt lotsen, wo er auf den Spuren von Overkamp wandelt und dies teilweise schon fast besessen, sehr zum Leidwesen seiner neuen Freundin Annika. Was ist den Overkamps damals geschehen und wie hängt Olivers Oma damit zusammen?

Der geschichtliche Teil über Lippstadt ist sehr gut recherchiert. Fust ist um Authentizität bemüht, was auch aus den zahlreichen Fußnoten hervor geht. Overkamp ist eine ambivalente Figur. Auf der einen Seite ist er Täter, auf der anderen Seite aber vor allem auch Opfer der Umstände. Dennoch bewahrt er mehr oder weniger Haltung. Im historischen Teil werden auch diverse Themen aufgegriffen, wie z.B. Kindersterblichkeit. 

Die Figuren Oliver und Annika waren zunächst nicht so detailliert ausgearbeitet wie Overkamp und seine Frau. Im Verlauf des Buchs bekamen die beiden aber zunehmend ein Gesicht. Oliver recherchiert im Rahmen seines Praktikums bei einer Lippstädter Zeitung über die damaligen Geschehnisse und stößt auch auf den Overkamps nicht wohlgesonnene Personen, deren Nachfahren ihm selbst heute noch Steine in den Weg legen.

Das Ende des historischen Teils gefällt mir gut, auch wenn vielleicht eine deutlichere Verbindung zu Thielsens Oma hätte hergestellt werden können, um beide Teile der Geschichte noch enger zu verknüpfen.

Gegen Ende des Buchs handelt Oliver sehr impulsiv, was aber gut zu seiner Besessenheit aus dem übrigen Buch passt.

Der Erzählstil ist angenehm. Zwischendurch fließen immer wieder Zitate aus historischen Büchern ein. Auch durch Briefe wird alles etwas aufgelockert. Einige Formulierungen kommen vielleicht etwas zu oft vor.

Insgesamt hat mir das Buch ein paar angenehme Stunden beschert und Lippstadt nähergebracht. Ein gelungenes Debüt mit Potential für folgende Bücher.