Rezension

Tolle Neubearbeitung des Stoffes aus Dostojewskis "Verbrechen und Strafe"

Verflucht sei Dostojewski - Atiq Rahimi

Verflucht sei Dostojewski
von Atiq Rahimi

Bewertet mit 4 Sternen

Rassul tötet eine alte Wucherin mit einem Beil, wie sein literarisches Vorbild Raskolnikow aus Dostojewskis “Verbrechen und Strafe”. Doch in Kabul gibt es andere Probleme, als einen einfachen Mord, weshalb er weder gesucht, noch zur Rechenschaft gezogen wird. Rassul irrt verzweifelt durch die Stadt, immer auf der Suche nach einem Richter und der Frau im hellblauen Tschaderi, die er kurz nach dem Mord das Haus der Wucherin betreten sah.

Leider ist meine Lektüre von “Verbrechen und Strafe” schon mehrere Jahre her. Hätte ich die Handlung noch genauer im Kopf gehabt, hätte mir “Verflucht sei Dostojewski”  sicher noch besser gefallen. Denn eigentlich hat Atiq Rahimi nur Dostojewskis Geschichte in die heutige Zeit und nach Afghanistan versetzt und sonst vieles gleich gelassen. Der geistige Zustand, die Verwirrung nach der Tat und auch die körperliche Krankheit als Resultat sind bei Rassul ähnlich wie bei Raskolnikow. Es sind viele Parallelen zu erkennen, doch hat Atiq Rahimi ein ganz anderes Buch als Dostojewski geschrieben. Rassul lebt unter ganz anderen Voraussetzungen, die Gesellschaft hat andere Sorgen als einen einfachen Mörder zu verurteilen.

Etwas anstrengend fand ich, dass Rassul vorübergehend seine Stimme verliert, aber niemand dies zu verstehen scheint und nur zu selten ein Zettel und ein Stift zur Hand sind. Daraus resultieren endlose Szenen mit verständnislosen Personen und unnötigen Missverständnissen.

Afghanistan als Schauplatz dieser Geschichte war für mich wieder sehr interessant. Ich lese gerne Bücher aus dieser Gegend und bin jedes mal gleichermaßen schockiert wie fasziniert. Jedem, der sich für diesen Teil der Welt interessiert, oder auf eine ungewöhnliche Nacherzählung von Dostojewskis “Verbrechen und Strafe” neugierig ist, möchte ich Atiq Rahimis “Verflucht sei Dostojewski” ans Herz legen.