Rezension

Tragische Familien- & Liebesgeschichte in Alaska

Liebe und Verderben - Kristin Hannah

Liebe und Verderben
von Kristin Hannah

Bewertet mit 4 Sternen

Anfang der 1970er-Jahre zieht Leni mit ihren Eltern nach Alaska. Für die Familie bedeutet der Umzug einen Neuanfang. Ihr Vater ist vom Vietnam-Krieg stark traumatisiert. Sie hoffen, dass er die Schrecken des Krieges hinter sich lassen kann. Allesamt werden sie von der rauen Schönheit Alaskas in die Arme genommen. Sie fühlen sich daheim, bis der erste lange Winter, die Dämonen der Vergangenheit beschwört.

"Liebe und Verderben" ist eine tragische Familien- und Liebesgeschichte, die über mehrere Jahrzehnte geht. 

Ausgangspunkt ist der Umzug der Familie Allbright in das wilde Alaska. Mutter und Tochter zeigen zunächst wenig Begeisterung, als der Vater beschließt, die Zivilisation hinter sich zu lassen. Sie wagen im winterlichsten Bundesstaat der USA einen Neuanfang.

Das Leben in Alaska ist unbarmherzig. Es ist gefährlich und nur die wenigsten halten länger als einen Winter durch. Dafür bedeutet Nachbarschaft füreinander da zu sein, anzupacken und gemeinsam Hürden aus dem Weg zu stemmen.

Das merken Leni und ihre Mutter, als die Dämonen von Vietnam ihren Vater einholen. Ernt Allbright ist ein brutaler Mann. Er wird von neurotischen Wahnvorstellungen heimgesucht und reagiert paranoid, wenn es um seine Familie geht. Je dunkler die Wintertage werden, umso gefährlicher wird er für seine Familie, was der Gemeinschaft nicht entgeht.

Protagonistin ist allerdings Leni, die sich rasch mit ihrer Mum und ihrem Dad im Alltag Alaskas eingewöhnt. Zum ersten Mal empfindet sie einen Umzug als positiv, weil sie Freunde - darunter den gleichaltrigen Matthew - hat, und sich schnell einlebt. Wäre da nicht der Schatten, den ihr Vater auf ihre Familie wirft ...

Wie bereits erwähnt, die Handlung erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte und behandelt Lenis Jugend und ihre ersten Jahre als Erwachsene. Im Fokus steht eindeutig das Familienleben der Allbrights und der raue, gefährliche Alltag in Alaska. Dazu kommt eine zarte Liebesgeschichte, die eindeutig die Züge von Romeo und Julia in sich trägt.

Im Großen und Ganzen finde ich die Familiengeschichte glaubwürdig erzählt, und es werden die Wirren des Lebens und des Schicksals thematisiert. Besonders intensiv widmet sich die Autorin Lenis Jugendjahren, und schafft es so, ein Gefühl für dieses Mädchen zu vermitteln. 

Trotzdem ist mir die Handlung teilweise zu dramatisch geworden. Es mag schon stimmen, dass ein Unglück selten allein kommt. Doch hier hat es das Schicksal gar nicht gut mit Leni und ihrem Umfeld gemeint. Je näher das Ende kam, umso verwickelter wurde es, und die Tragik ist ein bisschen zu sehr in den Drama-Kitsch-Modus verfallen.

Genauso wie die Familie Allbright, hat mich Alaska sofort für sich eingenommen. Die beeindruckende Wildnis, die klare Luft, die beinah unberührte Tierwelt und das Gefühl von authentischem Leben weckten meine Begeisterung. Kristin Hannah hat mir die Schönheit Alaskas vor Augen geführt, dabei das einfache, harte Leben betont, und mir den Zusammenhalt der Gemeinschaft gezeigt.

Die Autorin hat bei mir regelrecht Euphorie für Alaska ausgelöst. Einen Moment lang habe ich sogar darüber nachgedacht, wie es wäre, selbst ein einfaches Leben in einer stromlosen Blockhütte zu führen, um den modernen Trubel zu entgehen. 

Alles in allem ist „Liebe und Verderben“ ein beeindruckender Alaska-Roman, eine tragische Familiengeschichte und berührende Love Story. Für Leser, die sich in die Kälte wagen, der familiären Gewalt stellen und dramatische Wendungen ertragen, spreche ich eine Lese- bzw. Hörempfehlung aus.