Rezension

Trau dich!

Dem Abgrund so nah - Jessica Koch

Dem Abgrund so nah
von Jessica Koch

Obwohl ich vom ersten Teil der Danny Trilogoie- "Dem Horizont so nah" sehr begeistert war, gehöre ich nicht zu den Lesern, die DASN direkt am Erscheinungstag gekauft und gelesen habe.

Es hat einige Zeit gedauert, bis ich mich an das Buch „herangetraut“ habe, da ich nicht wusste, wie ich mit der Thematik des Buches zurecht komme. Schließlich habe ich es doch gelesen - und nicht bereut! Das Thema Kindesmissbrauch ist eine schmale Gratwanderung, aber Jessica Koch findet die richtige Balance.

Es geht hier nicht um zu detaillierte Beschreibungen, der Begriff Voyeurismus ist an dieser Stelle daher ganz klar fehlplatziert. Viele Szenen werden auch nur angeschnitten, denn im Fokus steht viel mehr, wie Danny diese Zeit durchgestanden hat. Das Buch zeigt, wie Danny zu der Person geworden ist, die er war - das hat Jessica Koch völlig treffend formuliert.

Die ersten 50% des Buches sind teilweise schon heftig, aber auch hier gibt es Textstellen, die mich zum Schmunzeln gebracht haben, weil Danny durch sein Denken seinen Mitmenschen oftmals einen Schritt voraus ist. Die restlichen 50% sind weitaus leichtere Kost und man durchlebt zusammen mit Danny seine Entwicklung.
Der Schreibstil von Jessica Koch hat mir bereits beim ersten Buch sehr gefallen. Man fühlt sich schnell als Teil des Geschehens, die prägnanten Sätze sind stimmig zum Thema der Bücher. Die wechselnden Perspektiven sorgen für Abwechslung, insbesondere die Sichtweise von Marina ist meiner Meinung nach sehr überzeugend dargestellt.

Und, nein, das Buch macht Kindesmissbrauch nicht ungeschehen, aber es SENSIBILISIERT. Es öffnet Leuten die Augen und wenn es auch nur eine Person dazu bringt, näher hinzusehen, oder dazu ermutigt, (vergangene) Taten anzuzeigen, ist hiermit schon viel erreicht. Kann auch nur eine einzige Tat dadurch verhindert werden, ist das sehr viel wert!
An all diejenigen, die immer noch unsicher sind, ob sie das Buch lesen wollen: Traut euch!