Rezension

Trauriger Held - gelungener Krimi

Leichendieb - Patricia Melo

Leichendieb
von Patricia Melo

Ich schließe mich allen an, die Euch den Roman von Patrícia Melo bisher empfohlen haben.

Worum es in "Leichendieb" geht, haben die Rezensentinnen und Rezensenten vor mir bereits eingehend beschrieben. Da ich etwas spät dran bin - habe den Roman erst vor zwei Wochen entdeckt - lasse ich die Inhaltsangabe also weg.

"Leichendieb" ist zunächst einmal ein richtig guter Krimi: der Plot ist spannend und die Figuren handeln schlüssig.Die Suche nach dem Täter entfällt, weil wir ihm auf Schritt und Tritt folgen, ohne zu wissen, was als Nächstes kommt. Diese Nähe hat zugegebenermaßen auch etwas Verstörendes, Komplizenhaftes.  Darüber hinaus ist für mich bei aller Krimibegeisterung immer wichtig, ob die Handlung einen Bezug zur Wirklichkeit hat. Das zu beurteilen, liegt in diesem Fall ganz klar jenseits meines Erfahrungshorizonts. Also habe ich micht auf Patricia Melos Blick eingelassen, was mir nicht schwerfiel. Sie hat einen sehr klaren Erzählstil, sparsam und gerade heraus, fängt Widersprüche ein und urteilt nicht. Zum Drogendealer oder zum Opfer zu werden - diese beiden Optionen liegen ganz dicht bei einander, das begreift man schnell. Ebenso schmal ist der Grad zwischen lebensrettenden und fatalten Entscheidungen. 

Patricia Melos Roman hat mich berührt, alles ist irgendwie "löchrig" (um es mal schwammig auszudrücken), also von Zweifel oder Verrat besetzt: Zweisamkeit, Familie oder Freundschaft. Das trifft nicht nur auf die "anderen" zu, sondern auch die namenlose Hauptfigur . Der Erpresser ist ein trauriger Held, seine Aktionen sind auch mit seiner eigenen Geschichte verknüpft. Das lenkt ihn. Er spürt es und der Leser auch.