Rezension

Über die innere Freiheit

Willkommen in Falconer
von John Cheever

~~1978 erstmals in Deutschland erschienen, ist "Willkommen in Falconer" nun von Thomas Gunkel neu übersetzt und "entstaubt" worden. Das hat dem Roman definitiv gut getan und es bleibt zu hoffen, dass nun vielleicht doch der eine oder andere Leser diesen großartigen, leider aber bereits 1982 verstorbenen Autor neu entdeckt.

 Cheevers Romane sollte man nicht lesen, ohne auch dessen Biografie und Lebensumstände zu beachten, denn sie sind immer bitterböse und ein Abbild des amerikanischen Suburb-Grauens, wo hinter der Fassade der Bürgerlichkeit Abgründe lauern. Konventionelles Leben, lieblose Beziehungen, Süchte, die die Leere füllen sollen – das sind die Themen, die Cheever umtreiben und sich sowohl in seinem Alltag als auch in seinem literarischen Werk niederschlagen.

 Bestes Beispiel dafür ist der heroinabhängige Ezekiel Farragut, Protagonist in "Willkommen in Falconer", der nach dem Mord an seinem Bruder eine Haftstrafe abbüßen muss. Der Gefängnisaufenthalt wird für ihn zu einer Zeit der Reflexion, in der sein bisheriges Leben hinterfragt: die unglückliche Kindheit, seine Heroinsucht und die Ehe mit Marcia, die eigentlich nur noch auf dem Papier existiert, und sein immerwährendes Sehnen nach Nähe und Intimität. Dies führt schließlich auch dazu, dass er sich mit seinen homosexuellen Neigungen konfrontiert sieht und eine Beziehung mit Jody, dem intelligenten und attraktiven Mithäftling eingeht. Auch wenn diese nur von kurzer Dauer ist, da Jody offenbar seine Partner nur nach dem Nützlichkeitsaspekt auswählt. Wunderschön die Passagen, in denen Cheever Farraguts Sehnsucht beschreibt, die er wahrscheinlich so auch am eigenen Leib gespürt hat.

 Das Buch ist aber weder Gefängnis- noch Coming Out-Roman, sondern beschreibt eindrucksvoll, dass es manchmal des äußeren Kerkers bedarf, um innere Freiheit zu erlangen, um sich von Konventionen zu befreien und erdrückenden Ballast abzuwerfen – und sich am Ende wie Phönix aus der Asche zu erheben und ein neues, ein besseres Leben zu beginnen.