Rezension

Überraschend und anspruchsvoll

Die Großmächtigen - Hédi Kaddour

Die Großmächtigen
von Hédi Kaddour

Bewertet mit 4.5 Sternen

Wer sind sie „Die Großmächtigen“? Das fragte ich mich sofort, als ich diesen ungewöhnlichen Titel gelesen habe. Dazu ein vielversprechendes, wunderschönes Cover, welches mich zugreifen ließ.

Groß und mächtig fühlen sich in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts in der maghrebinischen Stadt Nahbès die Franzosen, als Kolonialherren in ihrem scheinbar abgeschlossenen, elitären Zirkel. Aber die Gesellschaft ist bereits in Umbruch. Und deutlich wird das durch ein amerikanisches Filmteam, dass überraschend in die Stadt einfällt und die Menschen durcheinanderwirbelt und eine Lawine an kleinen und großen Ereignissen in Kraft setzt, die wie eine stetig wachsende Welle aus der kleinen Stadt bis hin in das ferne Europa, ja bis ins Ruhrgebiet schwappt.

Eine Handvoll kulturell sehr unterschiedlicher Menschen steht im Zentrum der Geschehnisse. Frauen und Männer, jungen und reifere, die jeder auf seine Weise auf der Suche sind. Dabei treffen sie aufeinander, umkreisen sich, kommen sich näher.

Der Stil, in dem Hedi Kaddour erzählt, ist anspruchsvoll, farbenfroh und mit einer Prise schalkhaften Humors für die Schwächen und Sehnsüchte der Menschen. Er macht dabei keinen großen Unterschied zwischen den Nationalitäten, hält allen einen Spiegel vor. Ich hatte das Gefühl, er möchte einen Bogen spannen zu heutigen Tagen. Einen Bogen zu den Beziehungen der Afrikaner und Europäer, die schon vor langem auf eine schiefe Bahn gerieten.

Ein schönes Buch für ein paar überraschende Lesestunden.