Rezension

... und das Wasser steigt unaufhaltsam

9 Stunden Angst - Max Kinnings

9 Stunden Angst
von Max Kinnings

Die Londoner U-Bahn ist DAS Fortbewegungsmittel der Wahl in den ständig verstopften Straßen dieser Metropole. Da im Durchschnitt täglich ca. 3,5 Millionen Menschen dieses Verkehrsmittel täglich benutzen, ist es eigentlich verwunderlich, dass es nicht mehr Romane gibt, in deren Zentrum die „Tube“ (engl. für Röhre) steht.
In „9 Stunden Angst“, dem Thriller des britischen Autors Max Kinnings, zwingen religiöse Fanatiker einen Zugführer, indem sie seine Frau und seine Kinder als Geiseln nehmen, zur Kooperation. Sie kapern einen vollbesetzten Zug der Northern Line, lassen ihn in einem Tunnel anhalten und sprengen dort einen Flusslauf. Die einzige Forderung der Geiselnehmer ist die, dass die gesamte Welt dem Sterben der Tube-Passagiere zuschauen soll, während das Wasser in die Wagons eindringt und der Pegel unaufhaltsam ansteigt. Die letzte Trumpfkarte, die die Metropolitan Police im Ärmel hat, ist der blinde DCI Ed Mallory, dessen Sensibilität gerade durch diese körperliche Einschränkung legendär ist, und der sich jetzt in die Verhandlungen einschaltet, um die Katastrophe abzuwenden.
Der Autor lässt die verschiedenen Beteiligten die Ereignisse aus ihrer jeweiligen Sicht schildern, sodass sich ganz allmählich ein stimmiges Bild der Geschehnisse ergibt: da sind zum einen die fundamentalistischen Geiselnehmer Tommy und Belle, verblendet und den eigenen Tod in Kauf nehmend, der klaustrophobische Zugführer George Wakeham, der um die Sicherheit seiner Familie fürchtet, und dann natürliche der blinde Verhandlungsführer DCI Mallory – alle haben mit ihren persönlichen Dämonen aus der Vergangenheit zu kämpfen.
Die Geschichte bezieht sowohl ihre Spannung als auch ihr Tempo gerade durch die unterschiedlichen Perspektiven und verdichtet sich mit zunehmendem Handlungsverlauf. Kinnings schildert die bedrohliche Situation, der die Geiseln durch das allmähliche Steigen des Wasserpegels ausgesetzt sind, ihre Hilflosigkeit, sehr anschaulich, ebenso die Zweifel des Unterhändlers, diese Angelegenheit zu einem guten Abschluss zu bringen. Und diese beklemmende Atmosphäre legt sich wie Blei über die gesamte Lektüre, vor allem dann, wenn man selbst schon öfter mit der Tube unterwegs war und die Örtlichkeiten kennt.
Ein spannender Thriller, der sich wegen der Thematik nur bedingt zur Lektüre in öffentlichen Verkehrsmitteln, speziell der U-Bahn, eignet.