Rezension

Und über allem hängt das Damoklesschwert der Nazibesatzung ...

Der Mann aus Zelary - Kveta Legátová

Der Mann aus Zelary
von Kveta Legátová

Bewertet mit 5 Sternen

Hana kämpft vor allem gegen sich selbst. Ich nenne sie Hana, obwohl sie eigentlich Eliška heißt. Aber irgendwie wird sie immer mehr zu Hana. Oder zu Hanule, wie sie das gefürchtete alte Kräuterweib Lucka nennt, oder Hanulka, wie Joza zu ihr sagt. Joza, der Mann aus Zelary. Zelary, das man mit einem Keil über dem "Z" schriebe, wenn man könnte. Und das man beim Lesen am besten mit einem weichen "sch" auf der Zunge fühlt ...

Eliška arbeitet offiziell als Ärztin in einem Brünner Krankenhaus, ist aber heimlich im tschechischen Widerstand gegen die Nazis aktiv. Als sie bei einer Informantentätigkeit auffliegt, wird sie von ihrem treuen Mittelsmann mit einer neuen Identität versehen und mit einem Patienten in dessen Heimatdorf geschickt, um diesen dort zu heiraten. Das hatte sich die gebildete und emanzipierte Frau definitiv anders vorgestellt. Zumal bald klar ist, dass ihr Zukünftiger in seiner Heimat der Dorftrottel ist ...

Nie hätte ich geglaubt, dass eine Landschaft erschrecken kann. Nun erfuhr ich es. Aschfahle Felsblöcke durchschnitten den Wald, in dem sich die Pfade schlängelten, sinnlos verflochten und verwirrend.

Die tschechische Autorin Kveta Legátová findet ausdrucksstarke Bilder, um in einfacher, klarer Sprache und doch poetisch diese ungewöhnliche und berührende Geschichte zu erzählen. Eliška lernt die rauhe Wirklichkeit der unnahbaren Bergwelt mit ihren Grausamkeiten, aber auch ihren Schönheiten kennen.

"Warum gibt es unter den Leuten soviel Böses!" seufzte ich. Es war keine Frage.
Lucka antwortete jedoch.
"Weil sie nicht zu leben verstehen."
Das Verdikt wühlte mich auf und verwirrte mich. Ich knackte daran wie an einem Kryptogramm.
Verstand ich es, zu leben?

Anfangs hochspannend, wird die Geschichte dann still. Und hart. Und weich. Und bleibt trotzdem spannend. Und über allem hängt das Damoklesschwert der Nazibesatzung. Nur gegen Ende hin wird es kurzzeitig ein bisschen wie eine improvisierte Aneinanderreihung von Anekdoten des täglichen Lebens. Aber irgendwie ist auch gerade das besonders echt. Prioritäten der Wahrnehmung verschieben sich, wenn man beginnt, das Leben aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Und allmählich richtet man sich als Leser gemütlich ein in dieser Anmut des Schlichten und Belanglosen. Bis er dann doch plötzlich kommt, der Krieg ...

Ein großartiges und berührendes Buch.