Rezension

Ungewöhnlicher Krimi

Algorithmus - Wolfgang Glagla

Algorithmus
von Wolfgang Glagla

Bewertet mit 3 Sternen

Als Dieter Kunze, einer der letzten verbleibenden Mieter in einem Wohnhaus, das dringend von der WOMOWA saniert werden soll, ermordet aufgefunden wird, beginnt Richard Tackert mit seinem Team zu ermitteln. Schnell wird klar, dass nicht nur die Wohnungsbaugenossenschaft, die mit sehr zweifelhaften Mitteln um den Auszug der Mieter kämpft, ein Interesse an seinem Tod haben könnte....

"Algorithmus" ist bereits der 8. Krimi um den nun inzwischen fast 60jährigen Kommissar; man kann ihn jedoch problemlos ohne Vorkenntnisse lesen.

Die Handlung ist spannend aufgebaut und der Leser wird lange Zeit (zusammen mit den Ermittelnden) über das tatsächliche Motiv des Mordes im Unklaren gelassen. Viele neue Wendungen und Dramen nehmen Einfluss auf die Aufklärung, da Dieter Kunze offenbar ein doch ungewöhnliches Leben geführt hat. Die Aufklärung, die nur zufällig erfolgt, ist durchaus befriedigend.

Über den Erzählstil des Autors lässt sich in meinen Augen wahrlich diskutieren: Wolfgang Glagla schreibt überaus kurz und präzise, spart an vielen Erklärungen und der Niederschrift von Gedankengängen. Dadurch bleibt vieles der Fantasie der Leser überlassen bzw. manches Mal fehlen nötige Zusammenhänge, um den Fall zu verfolgen. Auf der anderen Seite wird der Krimi schnell vorangetrieben und ich habe das Buch in einem Rutsch gelesen, weil ich im Rausch war. Ich empfehle Lesern jedoch, sich wirklich auf die Geschichte einzulassen und aufmerksam zu lesen, da sonst Fragezeichen entstehen können.

Zahlreiche unterschiedliche brisante Themen werden angesprochen, die durchaus zum Nachdenken anregen; beispielsweise Homosexualität, Kinderpornografie und Miethaie. Leider werden diese hochaktuellen Themen jedoch nur am Rande behandelt; von manchen Dingen hätte ich hier gerne ausführlicher gelesen.

Und auch über die Protagonisten lässt sich unterschiedlicher Meinung sein: Die Hauptperson Richard Tackert ist eine sehr schillernde Persönlichkeit, die als wirklich guter Polizist und Chef beschrieben wird und einige seiner privaten Aktivitäten (wie der Besuch einer Demo oder des CSD) nehmen in der sehr kurz gefassten Ermittlung einen größeren Raum ein.  Dennoch blieb er mir merkwürdig fremd. Und etliche weitere Personen empfand ich als eher unsympathisch.

Bemerkenswert fand ich die feine Ironie und den immer wieder aufflackernden Humor in dem Buch, so dass ich manches Mal laut auflachen musste. Konkret ansprechen möchte ich das Aquarium in Tackerts Büro, in dem er seine Goldfische beobachtet, die alle nach Gottheiten benannt sind. Eine großartige Idee!

Alles in allem war dieser Krimi kein Buch, dass mich über alle Maßen begeistert hat, aber ich habe die Unterhaltung genossen.