Rezension

Verzettelter Zafón?!

Das Spiel des Engels - Carlos Ruiz Zafón

Das Spiel des Engels
von Carlos Ruiz Zafón

Bewertet mit 3 Sternen

“Jedes Überzeugungsmanöver, das etwas taugt, appeliert zuerst an die Neugier, dann an die Eitelkeit und zuletzt an die Güte oder das schlechte Gewissen.” (Zitat, Seite 375)

David Martín ist jung, ehrgeizig und talentiert. Doch das ersehnte Leben als  anerkannter Schriftsteller in Barcelona scheint ihm verwehrt, weshalb er sich mit dem Verfassen von Schauerromanen bei einem kleinen Verlag über Wasser hält.

Eines Tages erhält er einen mysteriösen Brief. Er trägt ein Engelssiegel und die Signatur eines gewissen Andreas Corelli. Ein unbekannter Verleger, der David suspekt erscheint und dennoch fasziniert.

Obwohl er hin und her gerissen ist, sucht er Corelli auf und erhält ein unwiderstehliches Angebot. Ein Angebot, das David nicht ausschlagen kann. Doch bevor er sich den weitreichenden Folgen des Angebots bewusst wird, ist es bereits zu spät, denn er hat eingewilligt.

David muss bald nicht nur um seine große Liebe sondern auch um sein Leben kämpfen. Der Wettlauf mit der Zeit beginnt…

 ”Selbst die schlechtesten Nachrichten haben etwas Erleichterndes, wenn sie nichts weiter bestätigen als das, was man uneingestanden bereits ahnte.” (Zitat, Seite 129)

Zafóns Werk „Der Schatten des Windes“ war ein Buch, das mich regelrecht in seinen Bann gezogen hat. Mit Bedauern muss ich feststellen, dass es seinem Nachfolgewerk „Das Spiel des Engels“ nur mühsam gelang. Auch wenn es Zafón erneut schafft, eine sagenhafte Atmosphäre zu erzeugen und den Leser in rasanter Geschwindigkeit ins Geschehen hinein zu katapultieren, fehlt dem Roman an Individualität und Struktur.

Gleich zu Beginn der Geschichte findet sich der Leser an denselben Orten wie im Vorgängerroman wieder und begegnet nicht selten Beschreibungen die dem Leser wie Satzwiederholungen erscheinen. Während „Der Friedhof der vergessenen Bücher“ mir im Vorgängerroman wie ein gigantischer Schachzug erschien, verliert er hier an Charme und Individualität. Man fragt sich, ob Zafón nun jeden seiner Protagonisten an diesen Ort mitnehmen muss. Ein notwendiges Übel?

Sicherlich ist es interessant, in einem Nachfolgewerk wieder auf vertraute Gesichter zu stoßen und eine bereits erzählte Geschichte aus einer anderen Perspektive kennen zu lernen. Doch was ist mit der Geschichte selbst? Sollte sie nicht eigenständig funktionieren und etwas gänzlich Neues erzählen? Geht es hier nicht um das „Spiel des Engels“ sondern vielmehr wieder um die Geschichte aus „Der Schatten des Windes“?

Neben den Wiederholungen streut Zafón derart viele neue Handlungsstränge in die Geschichte, dass der Leser die Orientierung verliert. Er überwürzt die Geschichte, wie viele Köche einen Brei verderben. Er nimmt Dinge auf und denkt sie nicht zu Ende. Hat sich Zafón hier selbst verzettelt? Ist es ein gelungener Schachzug oder eine Entscheidung ohne Sinn und Verstand?

Zafón hinterlässt einen ratlosen Leser, der sich fragt, ob es an ihm liegt, die Geschichte nicht wirklich verstanden zu haben oder an dem Werk selbst. Alles bleibt undurchsichtig. Selbst der Schluss ist wie ein Schlag ins Gesicht.

Zugegeben, die Geschichte ist erneut voller Spannung. Sie beinhaltet brutale Passagen, voller Intrigen und kriminellen Machenschaften. Sie unterhält den Leser auf hohem Niveau. Doch durch seine Vorgehensweise verärgert mich Zafón vielmehr, als dass er sich meine Sympathien einheimst. „Das Spiel des Engels“ lässt daher nur drei von fünf möglichen Engel vorbeiflattern.

“Sie sehen schlecht aus.”

“Verdorbener Magen.”

“Wovon?”

“Vom Leben.”

Textauszug, Seite 177