Rezension

Viel Potential, aber...

Indiscretion - Hannah Fielding

Indiscretion
von Hannah Fielding

Bewertet mit 3 Sternen

Am Anfang hat mir "Indiscretion" ziemlich gut gefallen. Die Autorin hat gut in die Geschichte eingeführt, das Setting sehr detailliert und gut beschrieben und auch viele Informationen über die Kultur und Geschichte von Spanien eingearbeitet, was ich sehr mochte. Alles war gut dargestellt, vor allem die Szenerie war toll beschrieben, und die Atmosphäre, die Fielding geschaffen hat, war eine gute Mischung aus exotisch und vertraut. Da die Handlung zu Zeiten Francos in Spanien spielt gibt es viele interessante Hintergrundinformationen und obwohl einige Vorstellungen heutzutage veraltet und empörend sind (wie zum Beispiel, dass Frauen rein bleiben müssen, um ihren Ruf zu bewahren), sind sie doch für die Zeit, in der die Geschichte spielt, passend und realistisch.
Ich mochte auch die Charaktere, vor allem Alexandra, die als 'Außenseiterin' nach Spanien kommt, aber auf ihrem eigenen Standpunkt beharrt und sich auch gegen für sie altmodische Normen auflegt. Das Familiendrama, das im Hintergrund ablief, war mir ziemlich egal, vor allem da es sehr klischeehaft ist (eine böse Stiefmutter, eine Schwester, die ihr die Aufmerksamkeit meidet und ein Vater, der zu schwach ist, sich für die Tochter einzusetzen), aber dafür hat mir der Beginn der Liebesgeschichte gut gefallen; er war überzeugend geschrieben und die Chemie zwischen Alexandra und Salvador stimmte auf jeden Fall. Das Buch war also ziemlich vielversprechend, aber leider hat mir nicht zugesagt, wie die Handlung sich nach ungefähr 150 Seiten entwickelt hat.
Es wird von Beginn an klar gemacht, dass auch Alexandras Schwester an Salvador interessiert ist und zudem ist noch seine Exverlobte Teil der Geschichte. Ich hatte hier eine typische unnötige Eifersucht erwartet, aber dann ist noch eine weitere Frau aufgetaucht - eine Frau, mit der Salvador ein Kind hat und die scheinbar noch seine Mätresse ist. Das war der Punkt, an dem ich langsam genervt war, weil ich mich gefragt habe, wie viele Damen noch Interesse zeigen werden, um zu verdeutlichen, wie begehrenswert und wunderbarSalvador ist. Hinzu kam noch, dass auch Alexandra andere Verehrer hatte und dies sogar genutzt hat, um Salvador eifersüchtig zu machen. Ich muss zugeben, dass ich zeitweise gehofft habe, dass sie mit dem anderen Mann zusammen kommen würde... bis dann natürlich etwas passierte, um zu verdeutlichen, dass nur Salvador perfekt für sie ist und niemand sonst sie glücklich machen kann.
All das wäre kein Problem gewesen, wenn Salvador sich nicht so widersprüchlich verhalten hätte. Im einen Moment hat er Alexandra geküsst, dann war er kalt und abweisend und ist ihr aus dem Weg gegangen, bevor die beiden wieder einen romantischen Moment hatten. Das Verhalten wird später erklärt und ja, unter den Umständen ergibt es Sinn, aber für mich kam das zu spät, weil ich ihn zu diesem Zeitpunkt schon unsympathisch fand - und deshalb hatte ich auch Probleme zu hoffen, dass sie zusammen kommen und glücklich werden würden. 
Das alles heißt nicht, dass ich das Buch hasse - wie gesagt fand ich es am Anfang wirklich gut und selbst nachdem die Liebesgeschichte mir zu kompliziert wurde, fand ich die Beschreibungen der Landschaft und die vielen Legenden und Geschichten über Spanien und seine Kultur wirklich interessant. Leider hat mich aber die Handlung nicht wirklich überzeugt und auch die Charaktere waren teils recht eindimensional (gerade die Darstellung der 'Zigeuner', wie sie genannt werden, fand ich nicht wirklich gut, aber sie basieren scheinbar auf Treffen der Autorin mit ihnen). Hinzu kommt noch, dass viel Drama aufgebaut wird, dies später aber einfach... verpufft, wie zum Beispiel die Abneigung der Stiefmutter oder auch eine Bedrohung, die in der Mitte des Buches auftaucht, die sich einfach erledigt. Deshalb gibt es von mir 'nur' 3 Sterne - die Geschichte hatte viel Potential, das meiner Meinung nach aber nicht ausgeschöpft wurde. Den zweiten Band werde ich aber vermutlich trotzdem lesen.
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Herzlichen Dank an den Verlag, der mir das Buch über Netgalley zur Verfügung gestellt hat.