Rezension

Von der Suche nach dem Glück...

Kream Korner - Anna Katharina Fröhlich

Kream Korner
von Anna Katharina Fröhlich

Bewertet mit 3.5 Sternen

Steigen wir durch den Traum hinauf, da die Nägel unserer Stiefel uns hier unten festhalten!" (Flaubert) Dies ist das Leitmotiv einer jungen schönen Frau, die mit ihrer eleganten und geistreichen Tante gegen den Strich lebt, nach Indien reist, entschlossen, dem Leben Schönheit und Sinn abzuringen und dem Geist des Lachens zu folgen.

"Welcher Mann aber könnte mich am Abend noch unterhalten, wenn ich den Nachmittag mit Herodot zugebracht habe?", fragt sich die junge Frau bei der Durchsicht von Heiratsannoncen, nur um sich dann nach dem Vorbild ihrer kühnen Tante noch hingebungsvoller in die Lektüre der Weltliteratur und die tägliche Gartenarbeit zu stürzen. Kein Prinz erlöst sie von dem abgeschiedenen Leben auf dem Gut in Südfrankreich, wohl aber die Einladung nach Indien zu Freunden der Tante, einem märchenhaft reichen Sikh-Clan, dessen träge herrschaftliches Dasein einem prunkvollen Höhepunkt zustrebt, der Heirat des ältesten Sohnes.
Dass dieser ein Jahr zuvor einem großartig inszenierten Verführungsversuch widerstanden hat, darüber sieht die Nichte hinweg und begeistert sich stattdessen für das göttliche Lachen eines Rikschafahrers, der sie und die Tante einer aufregend ungewissen Zukunft entgegenfährt.

In einer herzerfrischend uncoolen Sprache erzählt Anna Katharina Fröhlich von der Suche nach dem Glück. Der beharrliche Enthusiasmus, mit dem die beiden Hauptfiguren sich über die Banalität des Realen hinaus schwingen, ist schlichtweg hinreißend und lässt uns die Welt nach dieser Lektüre ein wenig glanzvoller erscheinen.

Von Anfang an nahm mich bei diesem Buch der poetische Erzählstil, der Wortreichtum der Autorin gefangen. In einer bildreichen Sprache führt Anna K. Fröhlich das Sehnsuchtsland der Protagonistin vor Augen und nimmt ihre Leser dorthin mit.
Dabei ist es ein Buch über die Sehnsucht nach Indien, welches nicht in Romantizismen versinkt, sondern sarkastisch und auch durchaus selbstironisch die Dekadenz der indischen Oberschicht, die Arroganz des europäischen Bildungsbürgertums, die Suche nach Glück und damit nach dem Sinn des Lebens zumindest streift.

Bei aller Begeisterung für den poetischen Erzählsitl wirkt die Wahl der stilistischen Mittel manches Mal jedoch auch übertrieben, so dass die Erzählung sich dann im Schreiben an sich erschöpft. Unzählige und endlose Aufzählungen von Beobachtungen und Gegenständen, Aneinandereihungen von nie versiegenden Adjektiven und akribisch verschachtelte Endlossätze erschweren einige Male eher den Lesefluss als dass sie zu begeistern vermögen.
Darüber hinaus gibt es ganze Passagen ausschließlich in Englisch, die auch nicht übersetzt werden. In dem Gesamtgefüge durchaus passend, jedoch für Leser, die des Englischen nicht mächtig sind, doch wohl eher eine zusätzliche Erschwernis...

Ein ruhiges, nachdenklich stimmendes Buch, das Bilder, Gerüche und Leben verschiedener Kulturen Indiens vermittelt, sprachlich wunderschön gestaltet ist - aber auch durchaus seine anstrengenden Passagen hat.

© Parden