Rezension

Von einem der auszog, dass Tinerl zurückzuerobern

Schrippenblues - Moses Wolff

Schrippenblues
von Moses Wolff

Bewertet mit 4 Sternen

Als Bergmensch kann der Wildbach Toni es einfach nicht fassen: Sein Tinerl ist mit einem nikolausbärtigen Schlumpfmützenträger nach Berlin abgehauen. Klar, da muss er hinterher und sie zurückerobern. Leichter gesagt als getan, denn seine Angebetete geht nicht ans Telefon und eine Adresse hat er auch nicht. Als er den ersten Großstadtschreck überwunden hat, scheint er sich ganz wohl zu fühlen, nur dem Tinerl kommt er nicht näher. Dafür lernt er jede Menge kurioser Typen kennen, kämpft sich durch den Großstadtdschungel und scheint am Ende sogar seinem Ziel ganz nah.

Moses Wolff hat einen herrlichen Humor, den er dem Wildbach Toni gekonnt auf den Leib geschrieben hat. Diesen schrägen Naturburschen mit seinen besonderen Ansichten muss man einfach gern haben. Mit viel Augenzwinkern gehts auf in die Metropole Berlin und ironisch wird den Großstädtern der Spiegel vorgehalten.

Ein Schwerpunkt sind die Dialektattacken des Autors auf den Leser. Franken, Sachsen, Schwaben, Inder alle steuern etwas bei. So sieht zum Beispiel ein Wortwechsel zwischen dem Wildbach Toni und einer Berliner Fleischverkäuferin aus:

"Belegen Sie auch Semmeln?"
"S gibt hier keene Semmeln. Da müssen Se schon nach Bayern zu den Seppeln fahren." ....
"Ja, is guad, Fleischfrau." ...
"Hier jibbs ooch keene Brötchen. Bei uns heißen die Schrippen."

Schmunzelnd begleitet man Toni durch den Großstadtdschungel. Wirklich zielführend auf der Suche ist er dabei nicht. Er läßt sich vielmehr treiben und hofft auf das Schicksal.
Als gestandenes Mannsbild kann er den Städterinnen so einiges abgewinnen, wodurch er allerdings beim Leser Sympathiepunkte einbüßt.

Mich hat dieser Roman gut unterhalten und zum Schmunzeln gebracht.

Bei der Recherche habe ich die Videos der TitanicRedaktion auf YouTube zum Wildbach-Toni gefunden. Sehr lustig.