Rezension

Von Träumen im Nirgendwo

Pampa Blues - Rolf Lappert

Pampa Blues
von Rolf Lappert

Zum Inhalt: Ben ist sechzehneinhalb Jahre alt und hasst sein Leben. Er lebt in dem kleinen Ort Wingroden, einem Ort, an dem die Zeit still zu stehen scheint, in dem der letzte Einwohner vor über fünfzig Jahren geboren wurde und die Landwirte der Umgebung sich allabendlich in der Dorfkneipe treffen, um ihre Langeweile im Bier zu ertränken. Urprünglich sollte er eine Gärtnerlehre, zu der seine Mutter ihn gedrängt hat, in der Gärtnerei seines Großvaters machen, doch die Demenz seines Großvaters Karl veränderte alles. Heute ist Ben Karls Pfleger, Aufpasser, sein Koch, wäscht seine Wäsche, hält das Haus in Ordnung und fragt sich, wann er endlich seine großen Pläne im Leben – Wingroden verlassen, in einer großen Stadt als Automechaniker, seinem wahren Traumberuf, zu arbeiten und seine lang geplante Reise durch Afrika – umsetzen kann. Doch zunächst sieht es nicht so aus, als könnte er diese Pläne so schnell umsetzen. Bens Mutter, eine Jazzsängerin, ist seit Wochen mit ihrer Band in Europa auf Tour, und wenn sie sich meldet, dann zumeist, um Ben wissen zu lassen, dass sich ihre Abwesenheit "leider nochmal verlängern" werde. Keine Chance für Ben, an seiner Rolle als Aufpasser seines Großvaters etwas zu verändern.

Seine einzige Abwechslung in dieser Situation sind seine Besuche bei Maslow, in dessen Werkstatt er das Handwerk des Automechanikers gelernt hat, und der vor verrückten Ideen und Plänen nur so sprudelt. Maslow hat große Pläne für Wingroden und ist davon überzeugt, dass es ihm gelingen wird, den von aller Welt vergessenen Ort aus der Bedeutungslosigkeit zu holen.

Und sein neuester Plan wirbelt Bens Leben kräftig durcheinander, obwohl er zunächst nach Kräften versucht, sich herauszuhalten. Doch plötzlich ist er mittendrin im Geschehen, die Ereignisse überschlagen sich in für Wingroden untypischem Tempo und mit der jungen und hübschen Lena klopft plötzlich die erste Liebe an Bens Tür und bringt ihn dazu, sein bisheriges Leben grundsätzlich in Frage zu stellen.

Eigene Meinung: Bisher kannte ich nur den Roman "Nach Hause schwimmen" von Rolf Lappert und durch diesen Roman war mir der Autor als "zweiter John Irving" ein Begriff. Diese Assoziation wurde allerdings durch den Schreibstil und die in seinem Jugendbuch "Pampa Blues" erzählte Geschichte nicht geweckt. Dennoch hat mir die Art, wie der Autor die zum größen Teil kauzigen Charaktere in dem verschlafenen Nestchen Wingroden – ein Anagram für "Nirgenwo" – schildert, sehr gut gefallen.

Zunächst passiert wirklich einfach nur - nichts - in diesem Ort, irgendwo am Ende der Welt, wo selbst die Tageszeitung erst mit zwei Tagen Verspätung eintrifft, worüber sich aber auch niemand beschwert, denn eigentlich interessiert sich niemand so wirklich für das Leben in der restlichen Welt. Ben und sein Großvater Karl sind mir schnell ans Herz gewachsen, und gerade in dem Moment, in dem ich das Gefühl hatte, die Handlung müsste nun endlich mal ein bisschen an Fahrt aufnehmen, beschleunigte sich auch der Erzählfluss, auch wenn sich für mich beim Lesen bis zum Ende die ganz große Aufregung nicht eingestellt hat.

Es ist eine gut erzählte Geschichte, mit liebenswerten Charakteren, deren Hauptthema die großen Träume im Leben sind, und wie wichtig es ist, für sie zu kämpfen. Ben wird im Lauf der Geschichte erwachsen, und durch Lena lernt er den Wert seines Zusammenlebens mit seinem Großvater Karl und seine Bedeutung für diesen zu schätzen und erkennt, dass seine Zeit in Wingroden, so langsam sie auch vergehen mag, nicht zum Grab für seine Zukunftsträume werden muss.

Das Ende hält schließlich für jeden der Charaktere (bis auf eine Ausnahme) ein typisches Happy End bereit, welches mit einem Augenzwinkern genau so plakativ und teilweise klischeehaft geschildert wird, wie das Dorf und seine Einwohner im Verlaufe des gesamten Buches geschildert werden.

Insgesamt eine runde und angenehme Lektüre, die mir einen neuen und sehr gegensätzlichen Eindruck des Autors Rolf Lappert vermittelt hat.