Rezension

Warmherige, humorvolle Pott-Geschichte

Pottprinzessin - Annette Lies

Pottprinzessin
von Annette Lies

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt:

Bettina ist 33 Jahre jung, lebt in München und arbeitet dort engagiert bei CarStar als Farbdesignerin. Doch Bettina ist keine gebürtige Münchnerin, sondern hat ihre Wurzeln im tiefsten Ruhrpott, nämlich in Wanne-Eickel. Weihnachten geht es wie jedes Jahr zu einem gemütlichen Besuch zu ihrer Mutter und ihren zwei Tanten. Diese schenken Bettina ein Sparguthaben, das seit der Grundschulzeit angewachsen ist und nun ein hübsches Sümmchen mitbringt. Tina kommt zu dem Entschluss: eine Nasen-OP muss her, denn in ihrer Grundschulzeit führte sie einen Kleinkrieg mit Klassenschreck Mario-Haribo, der sie gegen die Heizung schubste, so dass Tinas Nase brach - und schief zusammenwuchs. Und in München ist ja auch noch Kollege Filip, der offenbar ein Auge auf Bettina geworfen hat, und mit ihrer "alten" Stupsnase würde sich Bettina einfach wieder wohler fühlen. Doch wie es das Schicksal will, die OP geht schief, und Mama und Tanten verfrachten Tina kurzerhand nach Hause - ins Ruhrgebiet. Bettina ist darüber alles andere als glücklich - oder doch?

Meinung:

Ich als Ruhrpottliebhaberin und immerhin am Rande des Potts Wohnende musste mich einfach auf diese Leserunde beweren und hatte Glück!

Das Buch lebt allerdings nicht von den Gewohnheiten, Schrullen und dem Dialekt des Ruhrgebiets, sondern von den durchweg sympathischen und manchmal etwas chaotischen Figuren, die sich hier tummeln.

Da ist zunächst Bettina, unsere Protagonistin. Nichts wollte sie lieber nach dem Studium als WEG aus dem Pott. Zugegeben, Wanne-Eickel ist sicher nicht das aufregendste Fleckchen der Welt. So hat es sie nach München verschlagen, wo sie im Prinzip für ihre Arbeit lebt und niemanden außer ihren Kollegen kennt. Nach der fehlgeschlagenen OP verbringt sie einige Wochen im Pott und sieht ihr Leben in München langsam mit anderen Augen. Das Übrige dazu tun ihre Mutter und Tanten, drei sehr verschiedene Schwestern, die sich alle zusammen auf "das Kind" stürzen und ihr die richtigen Ratschläge fürs Leben mitgeben wollen.

Die Familie ist nochmal ein echtes Highlight in der Geschichte, ich musste einfach oftmals schmunzeln, weil die Figuren so wahrmerzig und chaotisch gezeichnet sind. Herrlich!

Mit viel (Wort-)Witz und Humor lässt die Autorin ihre Protagonistin durch den Alltag im Ruhrpott stolpern. Sie trifft auf alte Freunde, unbekannte Männer und eine lang vermisste Umsorgtheit, die sie einen neuen Blick auf ihr Leben in München und ihre Beziehungen werfen lassen. Dabei gibt es oft etwas zu lachen, aber durchaus auch Situationen, in denen ich mich selbst wiederfinden konnte und die mich zum Nachdenken gebracht haben (ich bin im gleichen Alter wie Bettina).

Einziger Wehmutstropfen: Als große Ruhrpott-Hommage angepriesen, findet sich letztlich doch recht wenig vom Flair des Kultgebietes: kaum Ruhrpottdialekt, keine Schrebergärten, keine Taubenzucht, keine Büdchen oder Pommes-Buden, keine markanten Sehenswürdigkeiten oder Zechen-Kultur. Darauf hatte ich mich natürlich auch gefreut und wurde in diesem Punkt etwas enttäuscht.

Fazit:

Humorvoller Chick-Lit Roman mit einer glaubwürdigen sympathischen Protagonistin samt chaotischen, höchst liebenswerten Nebenfiguren und witzigen Dialogen.

Empfehlenswert!!

4 von 5 Sternen