Rezension

Was für eine abgefuckte Geschichte. Zum Schreien komisch aber alles andere als trivial.

No Regrets -

No Regrets
von Dietlind Falk

Bewertet mit 5 Sternen

Der schroffe abgefuckte Hänk und Muddy, der nicht genug Zähne im Maul hat, weil er Zahnärzte fürchtet, sind Tätowierer in Muddys Studio. Es ist kein Studio, wie man sich im allgemeinen ein solches Studio vorstellt, sondern eins, das Muddy und Hänk widerspiegelt. 

Jemand mit Zwangsstörung hätte es hier jedenfalls keine drei Sekunden ausgehalten. S. 21

So denkt Luz, die mit den bunten Haaren, als sie sich im Tattoostudio No Regrets vorstellt und den Job bekommt. Mit ins Boot, steigt der junge schwule Rudolf, dessen Eltern das nicht wissen dürfen, also das mit dem Schwulsein und, dass er sein Studium geschmissen hat. 

Seit Hänk von seiner Freundin verlassen wurde, kurz bevor seine Mutter starb, ist er grießgrämig. Sein Vater war ein unterkühlter Typ, zu dem er keine feste Beziehung aufbauen konnte, was ihn insgesamt ein bisschen steif wirken lässt, im Umgang mit Gefühlen. 

Tja und Luz hat auch ihre Probleme, ist aber richtig gut im hineinfühlen und erkennen …

Sie fragte sich, ob es einen Ort gab, an dem er sich wohlfühlte (Rudolf), an dem er freier atmen konnte und sich der Boden unter seinen Füßen nicht anfühlte wie eine morsche Hängebrücke. Es musste schrecklich sein, dachte sie, so jung zu sein und so talentiert, ohne sich aufgehoben zu fühlen in der Welt. S. 187

Fazit: Was für eine geniale Geschichte, die fast durchgängig urkomisch ist. Allerdings ohne trivial zu sein. Der ernste Hintergrund ist, dass alle vier Menschen unter mangelndem Selbstwert leiden, wie wir fast alle. Sie haben nicht gelernt sich anzunehmen, wie sie sind. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten finden sie aber im jeweils anderen, jemanden, der sie akzeptiert und sogar liebt, mit all ihren Ängsten, Verschrobenheiten und Eigenarten. Es ist eine Geschichte von Freundschaft und Zusammenhalt, gemalt von Dietlinde Falk, die genau die richtigen Worte findet, in mir die schrillsten Bilder entstehen zu lassen und mich zutiefst mitfühlen lässt. Das ist große Kunst.

Ich bin auch deswegen so begeistert, weil ich selbst aus diesem Metier komme und bestätigen kann, dass es genau solche Typen real gibt.