Rezension

Was wäre wenn?

Kafka und der Tote am Seil -

Kafka und der Tote am Seil
von Jon Steinhagen

Bewertet mit 3.5 Sternen

Was wäre, wenn Kafka anstatt mitten im Leben an Tuberkulose zu sterben eines Tages die Augen aufschlägt und sich gesund aus seinem Krankenbett erhebt!Ungewöhnlich sagen sie? Das findet sicher auch Kafka, doch bei dieser Ungewöhnlichkeit soll es nicht bleiben, denn mitten im Zimmer befindet sich eine große, Schaben ähnliche Gestalt. Diese durchaus imposante Erscheinung stellt sich als sehr hilfreiche Pflegekraft heraus. Irgendwo her kommt ihm diese durchaus eloquente Erscheinung bekannt vor. Der Ungewöhnlichkeiten noch nicht genüge getan, werden Kafka und Gregor Samsa sehr bald von einer mysteriösen Agentur als Privatermittler engagiert. Es ist 1924 und in Wien ereignet sich eine bizarre Mordserie, der Kafka und sein außergewöhnlicher Gefährte auf den Grund gehen sollen. Doch Kafka hat von dererlei  Ermittlungen keine Ahnung und diese Geschichte stellt sich bald als bedeutend paradoxer heraus, als alles was dem Schriftsteller jemals selbst von der Feder ging. 

 

Eine durchaus spitze, historische Kriminalstory, die Kafka ins Leben zurück holt. Man muss um der Geschichte folgen zu können tatsächlich nichts über Kafka selbst oder seine Werke wissen. Um den Zusammenhang zu Gregor Samsa ziehen zu können hat Penhaligon im Einband des Buches einen Auszug aus Kafkas „Die Verwandlung“ untergebracht, derer die Figur entspringt. Beide sind, in dem fiktionalen Roman von Jon Steinhagen, auf den Spuren einer recht bizarren Mordserie im Wien Anfang des 20. Jahrhunderts. Im Fokus steht „Der Hängekünstler“, der sich Abend für Abend im Theater vor den Augen aller erhängt nur um am darauffolgenden Abend quick lebendig das selbe zu tun. Auch die zahlreichen Opfer wurden stranguliert, doch nirgends ist ein Tatwerkzeug zu finden und der einzige Verdächtige hat ein wasserdichtes Alibi. Kafka hadert eine ganze Weile mit seinem vermeintlich entronnenem Tod und dem neu geschenkten Leben. Weswegen auch die Story einige Zeit benötigt um fahrt aufzunehmen. Zwischendrin finden sich auch Kapitel, deren handelnde Personen nicht näher benannt werden. Was zunächst verwirrt und nicht direkt informativ zuzuordnen ist, entpuppt sich im Verlauf der Geschichte als gut platzierte, getarnte Puzzelstücke. Ich denke die Erwähnung der Kakerlaken Gestalt Gregor lässt es bereist vermuten, doch man sollte auf das ein oder andere übernatürliche Element gefasst sein. Wer hier nach einer logischen Lösung verlangt könnte enttäuscht werden. Mir hat der Mix aus Krimi, Fantasy und historischen Elementen gut gefallen. Ich konnte das Buch leider nicht in einem kurzen Zeitraum lesen, dennoch blieben Handlung und Personen gut einprägsam im Gedächtnis hängen. Den einzigen Mängel, den ich an dem Werk habe, ist das Verhältnis von Weg und Ziel, welche leider nicht wirklich ausgewogen waren. Es dauerte etwas bis die Story ins rollen kam. Den Weg, die Lösung zu finden war spannend, unterhaltsam und gut nachvollziehbar. Das Ende war jedoch zu abrupt abgehandelt und deutlich schlechter ausgearbeitet, so dass ich nachschauen musste ob ich eventuell Seiten überblättert habe, was nicht der Fall war. Dort hätte etwas mehr Darstellung nicht geschadet. 

 

Fazit: fantastisch fiktive Geschichte über Kafka, der nicht nur einen Aufschub des eigene Ablebens erhält sondern auch prompt mit seinem ungewöhnlichen Gefährten zum Ermittler einer bizarren Wiener Mordserie wird.  3,5 Sterne