Rezension

Weihnachten im Glück-lichen Waschsalon

Frau Glück und die Winterlichter -

Frau Glück und die Winterlichter
von Anna Liebig

„Hauptsache, Elvis lebt.“ (S. 8) Seit 45 Jahren betreibt Gerda Glück einen Waschsalon im Frankfurter Norden. Gestartet sind sie und ihre Mutter damals mit 10 Waschmaschinen, denen Gerda die Namen berühmter SchauspielerInnen und SängerInnen gegeben hat, doch kurz vor Weihnachten 2008 gibt auch Rock Hudson den Geist auf. Jetzt ist Elvis ist letzte Maschine, die noch läuft.

Eigentlich kann Gerda schon länger nicht mehr von dem Salon leben. Sie hat zwar jeden Tag Kundschaft, aber die meisten besuchen sie nur auf einen Schwatz, auf Kaffee oder Tee und Kekse, die sie ihnen meist noch nicht mal berechnet. Nur wenige kommen zum Wäschewaschen, wie der ehemalige Finanzbeamte Karl, der bei ihr mit seinem Morgenkaffee in den Tag startet und im Laufe der Jahre zu ihrem besten Freund geworden ist. „Heute waren sie nur noch zwei alte Leute, die vor einer ebenso alten Waschmaschine saßen und mehr in der Vergangenheit als in der Zukunft lebten.“ (S. 110)

Doch nicht nur die Waschmaschinen, auch das Haus, das Gerda und ihre Mutter damals gekauft haben, ist in die Jahre gekommen. Regelmäßig springen die Sicherungen raus, vor allem im Advent, wenn Gerda ihren sowieso schon sehr bunten Laden in ein glitzerndes, blinkendes, musikalisches Weihnachtswunderland verwandelt. Aber noch kann sie sich nicht von ihm trennen, denn sie wartet seit 45 Jahren darauf, dass ihre große Liebe wiederkommt: „… vielleicht würde Jason eines Tages zurückkehren und so wie an jenem Novemberabend 1963 einfach in der Tür stehen. Er musste sie doch finden können. Wenn sie fortging, würde es dieses Wiedersehen niemals geben.“ (S. 20)

 

Bei Gerda kommt einfach keine Weihnachtsstimmung auf. Sie muss endlich eine Entscheidung wegen ihres Hauses und Geschäfts treffen, denn lange werden Notreparaturen nicht mehr halten. Aber „Dieser Ort war ihr Zuhause und nicht nur ein Platz zum Wäsche waschen.“ (S. 56) Außerdem erinnert sie sich gerade in dieser Zeit an die wenigen Wochen mit Jason, in denen sie sich kennengelernt, verliebt und ihre gemeinsame Zukunft geplant hatten. Wegen ihm hat sie sich nie wieder für einen anderen Mann interessiert und das Leben an sich vorbeiziehen lassen, dabei gibt es seit Jahren jemanden, der gern Jasons Platz einnehmen würde, sich aber nicht traut.

Um sich von ihren Problemen abzulenken, hilft sie den anderen Bewohner ihrer Straße, befolgt ihre Tipps aber selbst nicht.

 

Anna Liebig hat die vorweihnachtliche Stimmung in Frankfurt sehr gut eingefangen, den Weihnachtsmarkt auf dem Römer mit seinen Delikatessen, die bunten Lichter und die Musik. Auch der kleine Esel und das Karussell aus ihren beiden vorigen Weihnachtsbüchern tauchen kurz auf.

Geschickt flicht sie Gerdas Erinnerungen an die Zeit mit Jason ein, sodass man nicht zu früh erfährt, was damals eigentlich schief gegangen ist. Lag es daran, dass Beziehungen zwischen Deutschen und ehemaligen Besatzern verpönt waren und sich Gerda vor den Vorurteilen der Leute schämte? Wollte sie ihre Mutter nicht allein lassen, die außer ihr niemanden mehr hatte? Oder lag es an etwas ganz anderem?

 

„Frau Glück und die Winterlichter“ ist eine leicht melancholische, wunderbar hoffnungsvolle und romantische Weihnachtsgeschichte, in der nicht nur Gerda auf die große Liebe hofft.