Rezension

Wenn Ideal und Realität auseinanderklaffen

Vorwärts -

Vorwärts
von Eva Meijer

Bewertet mit 5 Sternen

Ein Leben im Einklang mit der Natur ist in Eva Meijers Romanen ein wiederkehrendes Thema. In „Das Vogelhaus“ erzählte sie die Lebensgeschichte von Len Howard, die in einem abgelegenen Haus in Südengland Vögel erforschte. Diesmal geht es um zwei Kommunen, die eine alternative Lebensform ausprobieren: 1924 zieht eine Gruppe von jungen Parisern auf einen abgeschiedenen Bauernhof in Frankreich, um naturnah und autark zu leben; in der Gegenwart wagen Aussteiger in Holland das gleiche Experiment. 

Mit ihren Wertvorstellungen und ihrem Lebensstil mögen sie sich von der Gesellschaft unterscheiden, doch man merkt gleich, dass die Gruppendynamik überall gleich ist: Es gibt ein Alphatier wie Louis, der den Ton angibt. Andere versuchen, ihren Platz in der Gemeinschaft zu finden wie die Ich-Erzählerin Sophie und ihr Freund Georges und erkennen schnell die Grenzen von freier Liebe und Toleranz.

Nach den Idealen eines harmonischen Kollektivs zu leben ist eine Sache – eine andere, mit zwischenmenschlichen Konflikten und nicht kontrollierbaren Gefühlen umzugehen. Wie schwer es ist, beides unter einen Hut zu bringen und woran Kollektive früher wie heute häufig scheitern, beschreibt die Autorin sehr überzeugend. Die seelischen Nöte der Figuren, die sinnliche, poetische Sprache und klugen Gedanken über Lebensentwürfe haben mich stark angesprochen.