Rezension

Wenn Vorstellung auf Realität trifft

Das Befinden auf dem Lande. Verortung einer Lebensart -

Das Befinden auf dem Lande. Verortung einer Lebensart
von Björn Vedder

Bewertet mit 2.5 Sternen

Ich schreibe diese Rezension von folgendem Standpunkt aus: in einem Dorf aufgewachsen, als Jugendliche in die Großstadt gezogen. Nun trage ich Dorf und Stadt in mir, kenne deren Vor- und Nachteile. Doch das wichtigste ist, das Dorf hat mich geprägt. Und es war schon ein kleiner bis mittlerer Kulturschock für mich, als ich meine Lehre in der Stadt begann.

Dem Autor scheint es umgekehrt ergangen zu sein. Doch was das entscheidende ist, er wurde in der Stadt geprägt. Und genau unter diesem Gesichtspunkt hat er auch sein Buch geschrieben. Unwissend, nichtsahnend und dennoch mit den vermeintlich besten Absichten.

Seine Aufgewühltheit überträgt sich beim Lesen der Lektüre. Doch nicht so, wie er es vielleicht gerne hätte. Beschriebene Erlebnisse kenne ich nur zu gut, doch es entlockt mir eher ein Schmunzeln. Im Grunde wird der Leser enttäuscht, wenn er hier eine Gegenüberstellung, eine Art Erörterung erwartet. Das Buch ist vielmehr eine Abhandlung, ein inneres Abhaken, eine Abrechnung. Aus dem Thema Dorf vs. Stadt hätte man so viel machen können. Leider hatte das Buch nie das Ziel, die von mir erhoffte Brücke zu schlagen. Nach dem Lesen hat man einfach nur den Wunsch, dass ein „Dörfler“ ein ebensolches Buch verfasst oder am besten: wenn BEIDE Parteien EIN Buch schreiben.

So bleibt es nur ein weiterer persönlicher Monolog, ein Wundenlecken zu Dingen, die man nicht versteht. Nicht enttäuscht sein, es gibt für Stadtmenschen, die einen auf Dorf machen möchten, ja noch den Speckgürtel.ich komme trotzdem nicht umhin, das Buch allen zu empfehlen: es zeigt Missverständnisse, falsche Vorstellungen und auch Vorurteile beiderseits auf, die es zu kennen gilt, wenn man es dem anderen leichter machen möchte, über den eigenen Schatten zu springen.

Für den Inhalt vergebe ich 3 Punkte, für das, was es auslöst, die volle Punktzahl. Denn über das Befinden auf dem Lande hat man weit weniger erfahren, als über sein eigenes Befinden.