Rezension

Wenn Zivilcourage zur tödlichen Gewalt wird

Tödlicher Halt - Arne Dessaul

Tödlicher Halt
von Arne Dessaul

Bewertet mit 4 Sternen

Rassismus, Zivilcourage, Selbstjustiz und der Hass auf Ausländer. Ein schmaler Grad das mich als leser in ein moralisches Dilemma gebracht hat.

"Tödlicher Halt" von Arne Dessaul ist ein etwas anderer Krimi über Rassismus, rechte Gewalt und zeigt wie schmal der Grad zwischen Zivilcourage und Mord ist.

Die beiden Studenten Daniel und Bernd bessern ihren Lebensstandard mit Kurierfahrten für einen Bonner Hehler auf. Bei ihrer Durchreise Richtung Berlin kehren sie in ein nahegelegenes Lokal ein und lernen dort den türkischen Besitzer Ali kennen. Doch schon kurze Zeit später, wird die Kneipe durch eine Gruppe hasserfüllter Skinheads aufgesucht, die den Wirt fremdenfeindlich und auf brutale Art und Weise attackieren. Um das Leben des Wirtes und ihr eigenes zu retten nutzen sie die mitgeführte Kurierware die aus zwei P1 Waffen besteht - die Folge daraus ist ein Blutbad aus acht Toten. Kommissar Helmut Jordan von der Kripo Wolfenbüttel beginnt zu ermitteln, das sich zu einem brisant und gefährlich komplizierten Fall entwickelt.

 

Arne Dessaul hat mit "Tödlicher Halt" einen etwas anderen Krimi geschrieben, indem er sich mit der Thematik Fremdenfeindlichkeit, rechte Gewalt und Rassismus befasst. Doch wie weit darf das eigene Einschreiten und Zivilcourage gehen, wann ist es Mord? Ein schmaler Grad bei dem die Gerechtigkeit schnell in blutigem Hass endet. Gerade durch die jüngsten Ereignisse in Halle, gewinnt Arne Dessauls Werk ebenfalls an Brisanz, indem er gleich zu Beginn ein hochaktuell und explosives Szenario schildert.

Angestachelt von den Ereignissen in Hoyerswerda, nach der Wiedervereinigung im Jahr 1992, zieht ein rechte Mob Skinheads durch die Dörfer, die den dort lebenden Ausländern mit Hass, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit begegnen. Die Charaktere Daniel und Bernd handelt in Selbstjustiz, nutzen Waffen und töten. Obwohl der Autor durch einen gut geschildert und erschreckend aktuellen Fall schnell in die rechte Szene entführt, stand ich beim lesen teilweise vor einem moralischen Dilemma. Denn einerseits sollte man unter keinen Umständen wegschauen, doch wann endet das mutige und furchtlose Eingreifen wie es Daniel und Bernd in diesem Fall getan haben, das mit einer Vielzahl an Toten endet?

Der Schreibstil war für mich anfangs etwas kompliziert und unstrukturiert, der sich jedoch mit der Zeit ganz fliessend liest und ein zügiges Vorankommen durch die kurzen Kapitel bereitet.

Aufgebaut ist die Handlung in zwei Erzählstränge, die durch konstanten Perspektivenwechsel, zeitweise für Spannung sorgen. Denn in einem Strang ermittelt Helmut anfänglich undercover in einer Disco um einen Drogenring aufzudecken und im weiteren Strang, begleitet man die beiden Studenten auf ihrer Kurierfahrt nach Berlin. Im weiteren Verlauf fügen sie die Stränge durch eine Reihe an Zufällen zusammen, die Studenten lernen zwei nette Mädchen kennen und befinden sich seit diesem Moment auf der Flucht vor den Rassisten und der Polizei. Verworren und brutale Albträume suchen Helmut und Daniel auf, das dem ganzen für mich einen ungewöhnlichen Touch verliehen hat. Auch das sehr offen gehaltene Ende war nicht ganz nach meinem Geschmack, für mich blieben einfach zu viele Fragen unbeantwortet, das zwar genügend Raum für unzählige Möglichkeiten bietet aber für mich insgesamt ein unbefriedigendes Ende war.

Obwohl gute Ansätze und Gedankengänge sich durch die Handlung ziehen, empfand ich die Handlungsstränge insgesamt auch als zu schnell abgearbeitet, hier hätte ein ausführlichere Darstellung der Handlung gut getan.

Auch wenn mich das Ende nicht wie erwartet begeistern konnte, ist es ein Krimi dem man sich nicht verschliessen sollte. Er öffnet die Augen und zeigt den schmalen Grad der Zivilcourage und den immer noch grossen Hass und Fremdenfeindlichkeit gegenüber Ausländern.