Rezension

Western einmal anders

Letztes Gefecht am Saber River -

Letztes Gefecht am Saber River
von Elmore Leonard

Bewertet mit 4 Sternen

Bei uns flimmern in (un)regelmäßigen Abständen diverse Western (oder was man seinerzeit in der Cinecittà dafür gehalten hat) über die Mattscheibe. Ob „40 Wagen westwärts“, „High Noon“, „Die glorreichen Sieben“ und natürlich die Italo-Western aus meiner Jugend wie „Django“ oder die Dollar-Trilogie und den Klassiker aller Spaghetti-Western „Spiel mir das Lied vom Tod“, (die wenigen Dialoge können mein Mann und ich problemlos mitsprechen).

 

Literatur, die das Western-Genre bedient, ist mir schon länger nicht untergekommen, weshalb ich bei diesem Buch neugierig zugegriffen habe.

 

Den historischen Hintergrund zu diesem Western bietet der Amerikanische Bürgerkrieg (1861-1865) oder auch Sezessionskrieg genannt, in dem sich die Nordstaaten (Unionsstaaten) und die Konföderierten (Südstaaten) in einem erbittert geführten Wirtschaftskrieg gegenüber stehen.

 

Paul Cable war für die Konföderierten in den amerikanischen Bürgerkrieg gezogen. In Tennessee hatte er sich dem 8. Texas-Kavallerie-Regiment angeschlossen, das unter dem Befehl von General Nathan Bedford Forrest stand. Als Cable im November 1864 mit seinen Kameraden den Duck River überquerte, um die Unionskavallerie zurückzudrängen, wurde er schwer verwundet. Von da an war der Krieg für ihn vorbei, obwohl im Osten des Landes noch gekämpft wurde. Er kehrt mit seiner Familie nach Arizona zurück, um sein altes Leben wieder aufzunehmen. Aber in Arizona haben sich die Dinge geändert. Vor dem Gesetz gilt Cable als Rebell, und zwei Brüder, beide Anhänger der Union (Auszug aus dem Klappentext).

 

Gleich auf Seite 9, musste ich herzlich lachen. Der Konföderiertenveteran Paul Cable, er ist mit Frau und drei Kindern auf dem Weg zu seinem Zuhause am Saber River, trifft auf Janroe, der sich in Denamans Laden, dem Geschäft von Pauls Nachbarn breit gemacht hat, und dessen Beschreibung wie folgt lautet:

 

„Er war groß, kräftig gebaut, aber schlank, mit schwarzem Haar und einem Schnurrbart. Vielleicht Ende dreißig. Sein linker Arm fehlte zwischen Schulter und Ellbogen.

 

Mein Kopfkino ist sofort angesprungen. Wie ist der arme Mann seines Oberarms verlustig gegangen? Hängt der Unterarm samt Hand, wie bei einen Cyborg an Drähten dran? Oder kann hier bei der Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch ein Hoppala passiert sein?

 

Und Janroe ist nicht der einzige, der sich eine Ranch unter den Nagel gerissen hat. In Paul Cables Haus hockt eine Gruppe Unions-Soldaten, deren Anführer Vern und Duane Digston behaupten, das Gesetz (des Stärkeren?) auf ihrer Seite zu haben, denn Rebelleneigentum sei von der Union beschlagnahmt. Sich vom eigenen Grund und Boden vertreiben zu lassen, ist für das Ehepaar Cable jedoch keine Option.

 

Meine Meinung:

 

Der Western entwickelt auf den 256 Seiten eine fesselnde Eigendynamik, denn es gibt neben dem Kampf um die Ranch weitere Interessen. Da ist vor allem der undurchsichtige Janroe, der einen Händler gibt, Luz Acaso, die eingeschüchtert bei ihm lebt sowie Lorraine Digston, die intrigante Tochter von Duane Digston.

 

Die Lage spitzt sich zu. Jederzeit muss mit einem Hinterhalt oder einem offenen Schusswechsel gerechnet werden. Auf dem Höhepunkt der Geschichte ereilt die Kontrahenten die Nachricht, der Bürgerkrieg ist beendet. Das dreht die Geschichte in eine unerwartete Richtung. Denn nun sehen sich zwei ehemalige Gegner gemeinsam einem Dritten gegenüber.

 

Die Charaktere sind - für einen Western aus dem Jahr 1959 - recht interessant und differenziert gestaltet. Da haben wir zunächst Paul Cable, der für seine Überzeugung in der Südstaatenarmee kämpft und mehrmals verwundet wird, bevor er entlassen wird. Er ist ein treusorgender, liebender Ehemann und Vater. Bemerkenswert, dass er sich Menschlichkeit und Gerechtigkeitssinn in diesem Krieg bewahrt hat. Seine Ehefrau Martha ist stark, emanzipiert, selbstsicher und auf Augenhöhe mit Paul. Sie würde für Mann und Kinder alles, wirklich alles tun.

 

Janroe ist, wie wir im Laufe der Geschichte lesen werden, ein Fanatiker und Intrigant.

 

Eine für mich komplexe Figur ist Vern Digston. Ein geborener Anführer, der seine Ziele erbarmungslos verfolgt, aber dem ebenbürtigen Paul Cable seinen Respekt zollt, obwohl sie während des Sezessionskrieges auf unterschiedlichen Seiten standen.

 

Ziemlich unüblich für einen Western dieser Schreibepoche, dürfen die drei Frauen Martha, Lorraine und Luz andere Rollen spielen, als die der braven Hausfrau oder der Prostituierten. Hat mir gut gefallen.

 

Fazit:

 

Eine Geschichte aus der Vergangenheit der USA, die sie so oder so ähnlich zugetragen haben könnte. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.