Rezension

Wichtige Themen, aber etwas zu unemotional

Morgen und die Ewigkeit danach -

Morgen und die Ewigkeit danach
von Manuela Inusa

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt
Nathalie macht sich für den Tod ihres kleinen Bruders verantwortlich und versucht, als die Schuldgefühle zu groß werden, sich selbst umzubringen. Und jetzt ist sie hier: in Gebäude F des Mount Hopeful, einer Kinder-und Jugendpsychiatrie, die Nathalie dabei helfen soll alles besser zu verarbeiten. Zwischen Jugendlichen mit allen möglichen psychischen Krankheiten soll sie gesund werden, über ihr Trauma reden und wieder Worte finden, die sie nicht ausspricht. Denn Natty redet seit ihrem Versuch kein Wort mehr. Aber wie soll man aus der Dunkelheit finden, wenn sie sich richtig anfühlt? Wenn man es gar nicht will, weil die wahre Welt schrecklich ist und man sich selbst die Schuld am Tod eines geliebten Menschen gibt? Natty ist sich sicher, sie hat das normale Leben gar nicht mehr verdient und ist deswegen anfangs überhaupt nicht begeistert, dass der neue Lucas so viele Emotionen in ihr auslöst. Sie will wieder sprechen, leben und diesen neuen Gefühlen, die sie für Lucas empfindet eine Chance geben. Und vielleicht ist genau das der Anfang für einen Neubeginn.

Meine Meinung:
 Das Buch ist mein erstes der Autorin und ich bin begeistert wie leicht ich durch die Seiten geflogen bin. Obwohl das Buch ein wichtiges Thema behandelt ist der Schreibstil sehr leicht und gut verständlich.
Das Cover ist ganz schön und ich mag die Farben sehr. Es springt vielleicht nicht sofort ins Auge, aber wenn man die Handlung kennt passt es sehr gut dazu.

Nathalie hat viel durchgemacht und man bekommt im Laufe des Buches eine wirkliche Wandlung von ihr mit. Sie ist anfangs sehr niedergeschlagen und traumatisiert. Will nicht leben und empfindet alles als grau und trostlos. Nach außen zeigt sie fast keine Emotionen und scheint leer zu sein, aber mit einem Blick in ihr Innerstes merkt man schnell dass das gar nicht so ist. Nathalie ist voller Emotionen. Es sind nicht gerade glückliche, sie besteht aus Trauer,  Verzweiflung und vor allem: Schuld, aber man erfährt viel über ihre Geschichte und warum sie so ist. Man leidet mit ihr, obwohl man gar nicht genau weiß, was genau passiert ist. Sie ist auf jeden Fall eine Protagonistin, die man ins Herz schließen kann. Umso mehr liebe ich ihre Wandlung und dass genau diese nicht gerade und exponentiell ist, sondern Höhen und Tiefen hat. Man begleitet sie auf ihrem Weg zu Heilung und in gewisser Weise auch auf dem Weg des Verständnis und des Verarbeitens. Ich finde das wirklich krass. Sie hat gute und schlechte Tage und ich mochte es sehr, dass genau das gezeigt wurde und nichts beschönigt wurde. Allerdings fand ich ihre Wandlung auch ziemlich rasant. Das liegt vermutlich an den Zeitsprüngen, da das Buch über mehrere Wochen hinweg spielt.
Lucas war super, für mich aber fast etwas farblos. Man hat etwas über ihn erfahren, keine Frage. Im Grobem  und Ganzen auch warum er dort ist, aber irgendwie wurde mir seine Geschichte fast etwas zu schnell und nebenbei behandelt und gelöst. Das fand ich schade, denn man hat gemerkt dass es ihm auch nicht gut geht. Er nimmt vor allem eine Rolle als derjenige ein, der Nathalie hilft dass es ihr besser geht. Ich hatte nie das Gefühl, dass viel über ihn gesprochen wurde. Seine Aktion mit den Zetteln und den Geschichten über die Menschen denen es schlechter geht fand ich wahnsinnig süß und das hat der Handlung etwas ganz eigenes gegeben. Bei mir hat mir das gewisse Extra gefehlt. Ich habe nach dem Lesen nicht wirklich das Gefühl, dass ich ihn richtig kennengelernt habe.
Das Buch hat auch ein paar interessante Nebencharaktere zu bieten. Ich fand es echt interessant verschiedene Krankheiten zu sehen und die Charaktere waren alle irgendwie liebeswürdig und eigen.

Das Buch befasst sich auf jeden Fall mit wichtigen Themen. Selbstmord, psychische Krankheiten, das sind Themen über die ich nicht gerade häufig lese und im Buch werden sie ernsthaft behandelt. Es wird auf jeden Fall sehr gut darüber aufgeklärt und nicht wird verharmlost. Ein gutes Jugendbuch.
Was Gefühle und die Stimmung für mich angeht fehlt mir etwas Tiefe. Ich hatte immer das Gefühl es fehlt etwas und es wird nur an der Oberfläche gekratzt. Ein wow Faktor oder das Gefühl der kompletten Mitgenommen-seins fehlten mir beim Lesen. Das finde ich ganz schön schade, denn solche Bücher mit einer Aussage und solchen ernsten Themen brauchen für mich wirklich Tiefe und Kraft. Es war keinesfalls schlecht, aber es fehlt das gewisse Etwas damit ich wirklich 100% mit den Charakteren fühle und ihren Schmerz spüre.
Nathalies Veränderung geht mir persönlich zu schnell. Das Buch spielt über mehrere Wochen, aber das habe ich gar nicht bemerkt. Ich hatte immer das Gefühl es ging richtig schnell und war deswegen etwas verwirrt. Sie ist zwar echt gelungen, aber für mich kam es fast etwas plötzlich von der einen auf die andere Seite. Lucas ist mir zu blass geblieben und das fand ich schade. Für mich hat er irgendwie nur die Rolle des „Helfers“ für Nathalie gespielt und seine eigene Geschichte wurde hinten angestellt.
Ihre Beziehung ist wirklich schön mitanzusehen und man bemerkt auf jeden Fall, dass sie sich guttun und sich gegenseitig heilen. Die zwei ziehen sich an wie Magnete und man bemerkt die Anziehungskraft und wie wichtig sie füreinander sind, aber mir fehlen wirklich spürbare Gefühle und es ist fast etwas niedrig gehalten.
Ich mag es gerne, dass es immer wieder Vergangenheitsrückblicke gibt und man so erfährt, was mit Nathalie passiert ist. Ich konnte es danach wirklich noch besser verstehen und fand es wirklich schrecklich.
Die kleinen Sätze über dem Anfang des Kapitels waren wirklich ein schönes Extra und haben schon zu Beginn des Kapitels ein bisschen auf den Inhalt angespielt. Sie wollten auf jeden Fall zum Nachdenken anregen und es waren wirklich schöne dabei, die mich berührt haben.

Fazit
Eine wirklich schöne Buchidee, mit wichtigen und ernsten Thema. Allerdings fehlen mir tiefere Gefühle, ein Nachhalleffekt ist nicht wirklich da. Die großen Themen Suizid und auch Heilung wurden wirklich gut behandelt, aber mir fehlt die Tiefe. Bücher mit solch ernsten Themen sind auf jeden Fall sehr wichtig und ich denke vor allem für Leser, die einen Einstieg in solch ernste Themen brauchen ist das Buch gut geeignet.