Rezension

Wie ein Monster erschaffen wird

Der rote Apfel - Mi-Ae Seo

Der rote Apfel
von Mi-Ae Seo

Bewertet mit 4.5 Sternen

Einen koreanischen Thriller hatte ich bisher noch nie gelesen und das schwarze Cover mit der roten Schrift, der Apfelblüte, Blättern und den Blutspritzern macht es wahrlich zu einem Eyecatcher. In ihrer Heimat Korea ist Mi Ae Seo eine  bekannte Bestsellerautorin, und ich war sehr gespannt ob "Der rote Apfel" nach meinem Geschmack sein würde.

Der in der Todeszelle sitzende Serienmörder Lee Byongdo hüllt sich in Schweigen was seine Taten angeht. Die Polizei ist im Unklaren über seine Motivation und will auch nicht ausschließen, dass es viel mehr Opfer gibt, als bisher bekannt wurde. Um so überraschender ist sein Vorschlag doch mit einer einzigen Person zu reden, der jungen Kriminalpsychologin Sonkyong. Dieser ist der Fall zwar bekannt, sie ist sich aber sicher Lee Byongdo nie begegnet zu sein.Die Neugierde der jungen Frau überwiegt ihr Unbehagen und sie willigt ein den Mörder im Gefängnis zu befragen.

Zeitgleich nehmen Sonkyong und ihr Ehemann Chaesong dessen 10jährige Tochter aus 1. Ehe bei sich auf. Seine Ehefrau ist inzwischen verstorben und das Mädchen hatte bei seinen Großeltern gelebt, bis das Haus bis auf die Grundmauern abgebrannt ist. Während die Großeltern dem Feuer zum Opfer gefallen sind, hat die kleine Hayong den Brand überlebt. Das Zusammenleben gestaltet sich schwierig und es wird immer deutlicher, dass mit dem Kind etwas nicht stimmt.

Anders als bei anderen Thrillern wird der Leser nicht in ein Geschehen hineingeworfen, sondern wächst langsam in die Geschichte hinein. Die Autorin erzählt aus wechselnden Perspektiven, und der Verlauf der Geschichte ist bis auf das Ende folgerichtig und wenig überraschend. Auch werden weniger die Bluttaten von Lee Byongdo ausführlich gschildert, als eher die Psyche beleuchtet. Die Kernfrage dieses Buches ist, was alles passieren muss, dass ein Kindheitstrauma sich so verfestigt, dass dieser Mensch nur noch die Gewalt für sich als Ausweg sieht. Dass ein Täter irgendwo auch immer selbst ein Opfer ist, wird bei diesem Thriller mehr als deutlich. Beim Lesen bekommt man an manchen Stellen wirklich eine Gänsehaut. Sonkyong war für mich die zentrale Figur der Geschichte, eine sehr einfühlsame Protagonistin, die aber trotz ihrer psychologischer Schulung manchmal nicht so ganz gecheckt hat, was gespielt wurde.

Mir hat dieser Thriller wirklich gut gefallen, und ich empfehle ihn gerne weiter.

(Triggerwarnung -Gewalt gegen Kinder)