Rezension

Wie viel Frau steckt in einem Mann?

Die Frau in mir - Christian Seidel

Die Frau in mir
von Christian Seidel

Bewertet mit 3 Sternen

Jedem das Seine - ein Mann als Frau in einer Welt, die von Männern dominiert wird.

Durch einen Bericht bin ich auf das Buch aufmerksam geworden. Ein Mann jenseits der fünfzig möchte wissen, wie viel Frau in ihm steckt. Also wagt er das Selbstexperiment und wirft sich in Rock, High-Heels, Brüste und Perücke um dieser Frage auf den Grund zu gehen. Seine Frau ist dem anfangs abgeneigt, versteht dann jedoch seine Beweggründe und räumt ihm diesen Freiraum für ein Jahr lang ein. Respekt davor. Er selbst sieht sich als Macho in einer von Männern dominierten Welt und will das auch ändern.

Wie also kommt es zu den Missverständnissen zwischen den Geschlechtern? Wie kommen die unterschiedlichen Empfindungen zustande? Christiane besucht Kaffeekränzchen, Lauftraining und sogar einen Frauenarzt, der ihm den Ablauf einer Untersuchung erklärt und noch einige andere Dinge. Im Laufe der Zeit stellt es sich dann ein: Christian fühlt sich nicht mehr verkleidet, wenn er Christiane ist. Haben die Männer heute also eine weibliche Seite, die sie auch betonen dürfen? Neue revolutionäre Erkenntnisse findet man in diesem Selbstexperiment nicht. Allerdings ist Christians Sicht der Dinge sehr interessant, und man fragt sich ob diese Sichtweise von seinem momentanen Ich abhängt.

Einen Kritikpunkt gibt es aber. Frauen werden in diesem Buch glorifiziert, vergöttert. Fast so, als ob jedes Mitglied der weiblichen Zunft mit einem Heiligenschein rumlaufen würde. Dem ist aber nicht so. Auch Frauen können Männer unschicklich anstarren, sie zu Objekten machen, nur "Das Eine" im Kopf haben. Tatsächlich sind sie auch nicht immer lieb und nett, sondern lästern, zicken und nörgeln. Keine ist so perfekt, wie Christiane sie kennenlernt. Diese Heiligsprechung finde ich ziemlich übertrieben und auch unnötig oberflächlich.