Rezension

Wie viel zählt der Spruch "in guten wie in schlechten Tagen" wirklich?

In guten wie in schlechten Tagen - Tayari Jones

In guten wie in schlechten Tagen
von Tayari Jones

Bewertet mit 5 Sternen

Celestial und Roy sind zwei junge schwarze Amerikaner, denen es gut geht. Sie lieben sich sind verheiratet und haben eine aufstrebende Zukunft vor sich. Doch nach 1.5 Jahren verändert eine Nacht ihr ganzes Leben. Roy wird zu unrecht einer Vergewaltigung bezichtigt und  schließlich zu 12 Jahren Haft verurteilt. Kann ihre Ehe und noch viel wichtiger ihre Liebe das alles überstehen?

Celestial & Roy sind frisch verheiratet, voller Hoffnung auf ein gutes Leben, zusammen als Familie. Sie denken über Kinder nach, bauen sich eine Heimat auf, es läuft gut. Doch ein einziger Augenblick kann alles verändern, dabei waren sie einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Und sie haben die falsche Hautfarbe. Auch wenn man es nicht glauben möchte, schildert dieser Roman sehr deutlich, dass Rassendiskriminierung immer noch ein sehr aktuelles Thema ist. Die Verurteilung entzieht sich jeglicher Logik und scheint einem anderen Jahrhundert entsprungen. Die Gefühle der einzelnen Personen werden sehr berührend dargestellt, die Zweifel und Ängste prägen sich ein. Der Gefängnisalltag ist hart und obwohl er nicht im Vordergrund steht, erkennt man als Leser die deutlichen Spuren, die er an Roy hinterlässt. Celestial ist eine gute Ehefrau, besucht ihren Mann, nimmt Strapazen und Kontrollen auf sich um ihm nah zu sein. Doch sie lebt auch ihr Leben weiter, während es für Roy stehen bleibt. Beim Lesen erfährt man die Distanz, die sich zwischen den beiden entwickelt, man versucht zwischen den Zeilen zu lesen um die Beweggründe zu verstehen. Die Geschichte entwickelt sich ganz anders, als ich erwartet hatte, doch am Ende erscheint es genau richtig so. Die Entwicklung der Figuren wirft Fragen auf, die zunächst unbeantwortet bleiben. Die Geschichte spitzt sich zu, bis am Ende die Situation eskaliert, die Charaktere werden von ihren Gefühlen übermannt. Doch am Ende beweisenalle denMut sich den Fragen zu stellen, die im Raum stehen und offen miteinander umzugehen. Und sie akzeptieren, dass sich Gefühle ändern können, dass Liebe auch verzeihen heißt und dass man manchmal loslassen muss, dass man nach vorne und nicht zurück blicken sollte.

In drei Erzählsträngen wird hier die Geschichte einer Liebe erzählt, die vom Leben durchkreuzt wird. Aber auch eine Geschichte von Freundschaft, Familie, von Hoffnung und Ängsten. Nicht nur die beiden Hauptcharaktere, auch ihre Familien und Bekannte sind sehr realistisch gezeichnet, niemand ist perfekt, aber gerade das lässt sie menschlich werden. Keine der Figuren ist nur sympathisch oder nur unsympathisch, das macht es für mich als Leser noch eindrucksvoller, noch intensiver beim Lesen. Man fragt sich immer wieder, wie man selbst handeln würde. Der Schreibstil ist sehr flüssig und und emotional, man wird hinein katapultiert in die Geschichte und es fällt schwer, sich wieder davon zu lösen. Man spürt die Liebe aber auch das Ungesagte, das zwischen den Zeilen steht.

Der Roman ist gesellschaftskritisch und prangert vieles an, ohne dabei belehrend zu wirken, was ich sehr gut finde. Man wird innerlich wach gerüttelt. Aber auch die anderen Themen über Liebe, Ehe, Gefühledie man nicht kontrollieren kann haben mich sehr berührt. Sowohl Schreibstil als auch die Geschichte selbst konnten mich zu 100% überzeugen und ich spreche hier eine klare Leseempfehlung aus.