Rezension

Wilde Natur

Wölfe der Nacht - Benjamin Percy

Wölfe der Nacht
von Benjamin Percy

Bewertet mit 4 Sternen

Karen und Justin führen ein ruhiges Leben, er ist Lehrer, sie Ernährungsberaterin, ihr 12jähriger Sohn Graham intelligent und begabt. Sie könnten glücklich sein, doch wie sieht es unter der Oberfläche aus. Der vielleicht schon seit langem bestehende Riss scheint sich in die Unendlichkeit zu dehnen als Karen das zweite Kind verliert. Es fällt ihr und ihrem Mann schwer noch eine Brücke zu finden. Und dann meint auch noch Justins Vater Paul, er müsste mit Sohn und Enkel unbedingt mal eine Wochenendtour in die nahen Berge machen. Schließlich soll aus Graham ein Mann werden. 

 

Wie nah doch Zivilisation und Wildnis hier beieinander liegen können. So wie Karen in der Zivilisation einiges erlebt, das ähnlich auch in der Wildnis geschehen könnte, erfahren die drei Männer in der echten Wildnis die wahre Natur. Zunächst scheinen sie noch Herr der Natur zu sein. Fast idyllich ihre Wanderungen, der Hund freudig wedelnd, das Wetter gut, erste Schießübungen, erster Jagderfolg. Doch langsam wandelt sich die Stimmung und die Natur bekommt etwas Bedrohliches. Schleichen etwa Tiere des Nachts durchs Lager, wäre es besser zu fahren. Doch sie sind Männer und gerade, wenn Paul etwas geplant hat, wird es auch so ausgeführt. Da trotzt man jeder Gefahr wider jede Vernunft.

 

Sehr eindringliche Beschreibungen der Erlebnisse der Beteiligten übertragen die Stimmungen auf den Leser. Bestürzt, frohgemut, bedroht, vor Angst zitternd so sitzt man vor dem Buch und liest und liest. Schnell ist das Buch mit einem Aufatmen und leichtem Bedauern beendet. Dennoch ist dieses typisch Amerikanische kaum nachvollziehbar. Denn wenn es hier Initiationsriten gäbe, wären es sicher andere. Man würde sich nicht freiwillig in Gegenden begeben, wenn bereits von Bärenangriffen berichtet wurde. Man würde Kindern auch nicht den Umgang mit todbringenden Waffen beibringen. So ist jedenfalls zu hoffen. Dennoch ein Buch, das es in sich hat.