Rezension

"Wildtriebe" - Macht mich nicht wild

Wildtriebe -

Wildtriebe
von Ute Mank

Bewertet mit 2.5 Sternen

„Wildtriebe“ ist ein Familienroman, dessen Schauplatz der Bethchenshof ist. Haus und Hof stehen unter dem Regiment von Lisbeth. Die Schwiegertochter Marianne versucht sich ihren Platz und Freiheiten innerhalb der Familie und ihres eigenen Lebens zu erkämpfen, doch das ist eine scheinbar hoffnungslose Aufgabe für sie, an der sie nahezu verzweifelt. Neuen Schwung bringt die Enkelin Joanna auf den Hof und auch Lisbeth geht in ihrer Rolle als Großmutter auf. Doch Marianne selbst tut sich schwer mit ihrer Mutterrolle und die familiären Konflikte werden nicht weniger.
Die Handlung vollzieht sich über mehrere Jahrzehnte bis in die Gegenwart und Autorin Ute Mank beschreibt die Entwicklungen und Veränderungen, die die Frauen selbst und auch das Leben und Arbeiten auf dem Land betreffen, in einem ruhigen Erzählton. Viele der Konflikte entstehen, weil die Personen kaum miteinander reden und ihre Gedanken, Sehnsüchte und Wünsche für sich behalten anstatt sich auszusprechen. Passend dazu verwendet Ute Mank wenig wörtliche Rede, die Sätze sind teilweise recht kurz oder sogar unvollständig, was Gedankengänge der Figuren authentisch erscheinen lässt. Der Schreibstil bildet prägnant die Wortkargheit und Verschlossenheit der Charaktere ab.
Obwohl ich den Roman also stilistisch durchaus gelungen finde und er sich flüssig lesen lässt, bin ich dennoch mit dem Buch und insbesondere mit den Protagonisten nicht richtig warm geworden. Gerade aufgrund des ruhigen Erzähltons kommt für mich wenig Spannung auf und ich hatte größtenteils eher den Eindruck, dass alles nur vor sich „hindümpelt“ und die Geschichte sich in die Länge zieht ohne voranzukommen. Insgesamt passiert wenig, das Hofleben nimmt seinen Lauf und selbst wenn Veränderungen Einzug halten, bleibt der große Knall aus, der mich so richtig packen konnte.
Die Gefühle und Gedanken der Frauen werden gut beschrieben, aber dennoch strahlen sie eine gewisse Kälte aus und die Stimmung im Roman ist häufig bedrückend, was meinen Lesespaß ebenfalls gedämpft hat. Besonders zum Schluss hat mich Mariannes hoffnungslose Perspektive gestört, auch wenn die LeserInnen mit einem Lichtblick am Horizont am Ende des Buches zurückgelassen werden.
Außerdem habe ich Kapitel aus der Sicht der Enkelin Joanna vermisst. Leider erfahren wir nur indirekt etwas von ihr und ich hätte mir sehr gewünscht, auch ihre Innenansicht kennenzulernen. Das hätte dem Roman zusätzliche Tiefe verliehen, da Joanna ein sehr interessanter Charakter ist, der eine alternative und moderne Sicht auf das Leben zugelassen hätte.
Zusammenfassend bin ich also nicht „wild“ auf den Roman geworden, auch wenn er sich ganz gut lesen lässt. Allerdings kann ich mir vorstellen, dass „Wildtriebe“ auch seine Fans finden wird, die konfliktträchtige Familiengeschichten lieben und auf rasante, spritzige Handlungsstränge verzichten können.