Rezension

Willkommen zurück "Travelling Jack"!

Das schwarze Haus - Stephen King, Peter Straub

Das schwarze Haus
von Stephen King Peter Straub

Bewertet mit 5 Sternen

French Landing, ein idyllisches Städtchen im Bundesstaat Wisconsin ist Schauplatz der grausamen Verbrechen eines vermeintlichen Serienmörders. Die Zeitungen titulieren ihn als den "Fisherman", weil er Kinder entführt, sie ermordet und dann die Eltern der Opfer über Details seiner Verbrechen in Kenntnis setzt. Der hiesige Polizeichef Dale Gilbertson ist überfordert und bittet seinen Freund Jack Sawyer verzweifelt um Hilfe.
Jack, mittlerweile 31 Jahre alt, der seinen Dienst als Lieutenant der Mordkommission in Los Angeles quittiert und sich in French Landing zur Ruhe gesetzt hat, verweigert Dale zunächst seine Hilfe. Doch als ein weiteres Kind verschwindet und nun auch die verzweifelten Eltern sich an Jack wenden, kann dieser seine Augen nicht mehr verschließen. Er beginnt den Spuren des Mörders zu folgen, die weit über die Grenzen von French Landing hinausführen.

Gestaltung, Stil, Leseeindruck:
Der Buchschnitt ist äußerst interessant, da er komplett in Schwarz gehalten ist. Bei meiner Hardcoverversion (RM Buch und Medien Vertrieb GmbH, ungekürzte Lizenzausgabe 2003) ist der Schutzumschlag glänzend schwarz und zeigt das Schwarze Haus im Anschnitt, auf dem Kopf stehend nebst Titel und Autorenduo. Entfernt man den Umschlag hält man ein vollständig schwarzes Buch in den Händen, das lediglich durch einen weißen Prägedruck auf dem Rücken und der Abbildung eines Hirschkäfers auf dem hinteren Buchdeckel innenseitig unterbrochen ist.

Die Geschichte ist in vier Teile gegliedert, es gibt keinen Prolog, allerdings einen kurzen Epilog. Soweit ich das beurteilen kann, gibt es einen Haupterzählstrang, der wie ein roter Faden durch die gesamte Geschichte führt, hin und wieder jedoch durch Erinnerungen und kurze Rückblicke einzelner Charaktere ausgebaut wird.

Eine weitere kleine Besonderheit: Es gibt in diesem Buch zwei Enden, auf die vom allwissenden Erzähler hingewiesen wird. Der Leser kann selbst entscheiden, wie weit er lesen möchte. Und das sollte er wirklich gut durchdenken. Allen, die "Der dunkle Turm" gelesen haben, dürfte das bekannt vorkommen. Überhaupt sind in "Das Schwarze Haus" sehr viele Verweise auf die Turm-Saga zu finden, was mich persönlich sehr gefreut hat. Einmal mehr ein Beleg für Kings Standpunkt, dass er nicht viele sondern eine große Geschichte schreibt.

"Das Schwarze Haus" ist die Fortsetzung von "Der Talisman" (1984), kann unabhängig davon gelesen werden, wodurch möglicherweise jedoch einige Verständnisprobleme und Einfindungsschwierigkeiten entstehen könnten. Ich persönlich habe "Der Talisman" einige Monate zuvor gelesen und bin sehr froh darüber.
Jack Sawyer, genannt "Travelling Jack", ist in "Der Talisman" 12 Jahre alt und hat eine besondere Begabung, mit der er verschiedene Welten bereisen kann. Um seine Mutter von einer schweren Krankheit zu heilen, "flippt" er in eine andere Welt, die er die Territorien nennt, um dort die Suche nach einem besonderen Gegenstand - dem Talisman - aufzunehmen. Seine Erlebnisse auf dieser Reise prägen den blonden Jungen sehr stark, der jedoch fast 20 Jahre später das Geschehene als Fantasie eines naiven Kindes abtut und sie nicht als real anerkennt.

Beginnt man die Lektüre, so wird schnell klar, dass nicht nur der Titel und die Aufmachung ungewöhnlich sind: Der Leser wird vom allwissenden Erzähler der Geschichte abgeholt und mitgenommen. Wie ein Adler schweben wir so über French Landing, lernen seine Bewohner, das ansässige Altersheim, die Polizeistation und auch die wunderschöne Landschaft kennen. Kurz werden wir auf das Schwarze Haus aufmerksam gemacht und schon jetzt wird klar, dass es ein durch und durch böser Ort ist, der noch eine wichtige Rolle spielen wird. Peter Straub und Stephen King verstehen es wortgewaltig Bilder vor dem geistigen Auge entstehen zu lassen, die so gestochen scharf sind, dass sie beinahe real erscheinen. Schon die ersten Seiten erzeugen eine einzigartige Stimmung, die mich sofort fesseln konnte. Nach der Einführung etlicher handlungstragender Personen, die mich allesamt auf ihre Weise für sich einnehmen konnten (selbst die Bösewichte), treffen wir Jack Sawyer wieder und erfahren, wie er nach French Landing gekommen ist. Es ist immer wieder schön, alte Bekannte neu kennenzulernen. So auch dieses Mal. Zum weiteren Verlauf der Geschichte möchte ich an dieser Stelle nichts sagen, nur soviel: Nach einem ruhigen Beginn, nimmt die Spannung stetig zu. Das Buch vereint Elemente des Fantasy-, Krimi-, Horror- und Romangenres, die unglaublich wortgewaltig zusammengefügt werden. Mich konnte "Das Schwarze Haus" mehr fesseln als sein Vorgänger, welcher mich schon sehr begeistert hat. Über eine mögliche Fortsetzung der Geschichte würde ich mich sehr freuen.

Fazit:
Ein Buch mit über 800 Seiten Länge, das jedoch zu keiner Zeit langweilig ist. Fantastische Bilder, durch eine eingängige Sprache herausgeformt; detailliert gezeichnete und charismatische Charaktere als Gegenpol zu durchweg bösen Figuren und natürlich ein unglaublich sympathischer Protagonist mit Fehlern und Vorzügen, der seine Berufung, seinen Mut und damit sich selbst wiederfindet. Eine äußerst fruchtbare Zusammenarbeit von zwei großartigen Autoren. Lesen, Lesen, Lesen!