Rezension

Wir alle leben unsere Leben gemeinsam

Der Tag, an dem der Goldfisch aus dem 27. Stock fiel - Bradley Somer

Der Tag, an dem der Goldfisch aus dem 27. Stock fiel
von Bradley Somer

Bewertet mit 5 Sternen

Vier Sekunden Sturz eines entdeckungshungrigen Goldfisches namens Ian vom 27., obersten Stockwerk eines Hochhauses bis zum Bürgersteig und parallel dazu 30 Minuten Einblick in das Leben einiger weniger Bewohner/Besucher besagten Hauses. Das ist es in Kurzfassung, was uns dieses Buch präsentiert. Nur einige Kapitel, der Rahmen und dann verteilt über die ganze Geschichte, widmen sich dem tierischen Protagonisten. Sie haben jeweils einen philosophischen Einschlag und regen zum Nachdenken an. In ihnen finden sich schöne zitierungswürdige Sätze wie „Wer sein Leben in einem Goldfischglas fristet, wird als alter Fisch sterben, der nie ein Abenteuer erlebt hat“ oder „Kein einziger Mensch lebt sein Leben allein; wir alle leben unsere Leben gemeinsam“. Diesen Goldfisch ohne Erinnerung und Gedächtnis muss man einfach mögen, so dass ihm sein überraschendes Ende nur zu gönnen ist. Die Mehrheit der Kapitel handelt abwechselnd von dem Doktoranden, Schürzenjäger und Besitzer von Ian, Connor, seiner sich nach Liebe sehenden Freundin Katie, seiner Geliebten, der einsiedlerischen Claire, dem 11jährigen zu Zeitreisen fähigen Herman und seinem betagten Großvater, dem Bauarbeiter und Frauenkleider mögenden Garth, dem vereinsamten Hausmeister Jiminez, der hochschwangeren Petunia Delilah. Zu ihnen kommt es zu wechselseitigen Begegnungen im Haus, meistens im Treppenaufgang. Ihrer aller Leben verändert sich in der kurzen Zeitspanne. Als Leser hat man nicht den Eindruck, nur fragmentarische Bruchstücke der Menschen zu erfahren, sondern wird sehr vertraut mit ihrem gesamten Leben. Gefallen hat mir der darstellerische Kunstgriff, dass viele Ereignisse doppelt erwähnt werden, und zwar aus der jeweiligen Perspektive des einen und des anderen der beiden involvierten Beteiligten. Auch sind mir positiv die Kapitelüberschriften aufgefallen, die eine kurze Inhaltsangabe und zugleich eine Bewertung der jeweiligen Romanfigur darstellen.

 

Ein durchweg lesenswertes Buch mit einer schönen Grundidee.