Rezension

Wir sind die letzte Generation

Handeln statt hoffen - Carola Rackete

Handeln statt hoffen
von Carola Rackete

Carola Rackete blickt ernst vom Cover ihres Buches. Es ist ein ernster Blick, ein müder Blick. Ein Blick, der viel gesehen hat und weiß, dass hoffen allein keine Wirkung zeigt. Es ist ein Bild ohne Filter, ohne Schnickschnack. Ein ehrliches, ungefiltertes Bild von Carola Rackete und genauso ehrlich und ungefiltert ist auch dieses Buch.

 

Doch bevor Carola Rackete anfängt, zu erzählen, lässt sie in einem berührenden und erschütternden Vorwort Hindou Oumarou Ibrahim, Geografin und Umweltaktivistin, zu Wort kommen. Hindou beschreibt eindringlich und plastisch vom Leben in der Sahelzone. Von Dörfern ohne Männer, da diese die Familie nicht mehr ernähren können und deshalb ausziehen, um ihre Ehre und Würde wiederzuerlangen. Von den Folgen des Klimawandels, die mit voller Härte diejenigen treffen, die nichts dafür können. Sie schreibt ohne Vorwürfe, ohne Schuldzuweisung und in einer Frische über Trockenheit, die den Leser im tiefsten Innersten berührt.

 

Dann kommt Carola Rackete zu Wort. Jedes Kapitel ihres eindringlichen Buches beginnt mit einer Schilderung ihrer Erlebnisse auf der SeaWatch 3. Es fühlt sich an, als würde die Couch unter einem wackeln, so detailliert und wortgewaltig schreibt sie von dieser Zeit und ihren Gedanken. Im weiteren Verlauf der Kapitel erfährt man mehr über ihren Werdegang und über die Themen, die ihr am Herzen liegen, insbesondere den Klimaschutz. Am Ende des Buches finden wir ein nach Kapiteln geordnetes Literaturverzeichnis und weiterführende Internetadressen. Ich hätte mir Fußnoten im Buch gewünscht, da in jedem Kapitel eine Vielzahl an Themen angesprochen wird, Studien erwähnt werden, über die man auf jeden Fall mehr erfahren will und die man so zunächst im Verzeichnis suchen muss.

 

Ich mag diese Mischung aus den Erlebnissen auf der SeaWatch3, ihrem Werdegang und den Fakten über Klimawandel und Klimaflüchtlinge. Man lernt den Menschen Carola Rackete sehr gut kennen, ihre Motive, ihre Gedanken, bevor man mit der ungeschönten Realität konfrontiert wird, die, wenn man beim Lesen auch nur ein wenig denkt und fühlt, so unglaublich erschreckend sind. Vieles weiß man schon, aber man kann es nicht oft genug lesen, denn es muss gehandelt werden. Nur wenige Menschen haben Zeit und Muße, sich durch Studien durchzuarbeiten. Doch wenn man liest, welche Horrorszenarien uns erwarten, wenn sich nichts ändert, welche Horrorszenarien für das Ende des Jahrhunderts, welches nur 80 Jahre in der Zukunft liegt, vorausgesagt werden, dann sorgt die Klimaerwärmung für eisige Kälte, die unsere Herzen umklammert. Der Untertitel des Buches lautet: „Aufruf an die letzte Generation“ und wer allein die Fakten im Buch liest weiß, dass die letzte Generation, die etwas tun kann, tatsächlich wir sind.

 

Man muss nicht mit allem was sie schreibt einverstanden sein. Man muss ihren Lösungsvorschlägen nicht 100% zustimmen, um großen Gewinn aus diesem Buch zu ziehen.

 

Ich empfehle dieses Buch aus vollstem Herzen weiter.