Rezension

wirklich kein Krimi, aber eine gelunge Erzählung über das Erwachsenwerden

Gute Töchter - Joyce Maynard

Gute Töchter
von Joyce Maynard

„Gute Töchter“ war nicht das, was ich erwartet habe, glücklicherweise war es zwar anders, dadurch aber auf keinen Fall schlechter.

Laut Klappentext geht es um die beiden Töchter eines Polizisten, die versuchen ihrem Vater zu helfen und den Serienkiller zu schnappen, dem er einfach nicht auf die Spur kommt. Dementsprechend war ich auf einen Krimi mit jugendlichen Heldinnen eingestellt. Zentrales Thema ist aber in Wirklichkeit das Erwachsenwerden der beiden ziemlich vernachlässigten Mädchen.

Rachel, die Erzählerin und ihre jüngere Schwester Patty leben gegenüber von San Francisco, hinter ihrem Haus beginnt die Wildnis. Die Eltern sind seit Jahren geschieden, der Vater ist auch meist abwesend und als die Mordserie beginnt, hat er noch weniger Zeit für seine Töchter. Von der Mutter erfahren wir nur, dass sie sich einschließt und liest, dahinter verbirgt sich eine handfeste Depression, wie sich im Verlauf der Erzählung herausstellt. Als Figur spielt sie eigentlich keine Rolle in der Geschichte. Es gibt keine regelmäßigen Mahlzeiten und kaum Kontrolle, die Mädchen sind die meiste Zeit sich selbst überlassen. Für sie ist das recht normal und sie vermissen wenig, auch wenn Rachel sich zwischenzeitlich an ihren „coolen“ Mitschülern (viel Geld, aber oberflächlich) orientiert.

Die erste Hälfte des Buches habe ich noch darauf gewartet, dass endlich ein wenig mehr Krimi passiert als das Absperren von Wanderwegen und Fernsehinterviews mit dem Vater, aber als es dann endlich zur echten Konfrontation der Mädchen mit dem Verbrechen kommt, fand ich das ganze Krimigeschehen schon fast überflüssig. Im Gegensatz zu vielen Krimis, die, wenn in ihnen die Spurensuche schon zu kurz kommt, zumindest dem Innenleben des Verbrechers einigen Platz einräumen, konzentriert sich die Autorin völlig auf ihre Hauptperson, der man im Verlauf der Geschichte immer näher kommt. Sie beschreibt die typischen Schwierigkeiten der Pubertät, Kampf um einen Platz in der Beliebtheitshierarchie in der Schule, die erste Liebe und einige reuevolle Momente und Erkenntnisse, wie sie halt auch zum Erwachsenwerden gehören. Das Buch endet nicht da, wo ich es erwartet hätte, in einer Art Zusammenfassung bekommt man noch einen Ausblick in die Zukunft der beiden Schwestern und es gibt einen überraschenden Abschluss.

Mich hat „Gute Töchter“ ziemlich an die Bücher über problembeladene Kindheiten von Jeanette Walls erinnert, angereichert um einen Krimianteil.