Rezension

Worte in unserer Hand und Worte überall

Worte in meiner Hand - Guinevere Glasfurd

Worte in meiner Hand
von Guinevere Glasfurd

Bewertet mit 3.5 Sternen

Worte sind schon so ewig da. Schätzen wir sie überhaupt richtig? Sie haben so viel Macht und trotzdem auch Grenzen. Wie viele Gedanken machen wir uns schon über ein einfaches Wort? Dass wir frei über sie verfügen? Das Buch war ein wahrer Denkanstoß!

Was man sich hier aber bewusst machen muss ist, dass es Helenas Geschichte ist. Es geht um ihr „erlebtes“ und da kommt René Descartes nun mal vor, spielt aber nicht die Hauptrolle darin. Wer sich also einen Perspektivenwechsel oder einen näheren Einblick in sein Leben erhofft, macht sich bei diesem Buch falsche Hoffnungen. Mich hat es persönlich aber nicht so gestört, denn Helena hat mir größtenteils als Person richtig gut gefallen. Für diese Zeit eine sehr aufgeweckte, wissensdurstige und starke Frau!

Der Schreibstil war in diesem Buch ebenfalls ein wahres Highlight! Eine wirkliche Sprachgewalt! Er ist außerdem so bildhaft, dass selbst der Fantasieloseste noch die Szenen vor sich sehen müsste.
Auch historisch gesehen ist dieses Buch ziemlich genial. Man hat die damalige Zeit, deren Sitten und Umgang sehr gut vor Augen gehabt. Die Lebenssituation von Helena, einer Magd wurde sehr deutlich beschrieben und somit wurde einem die damalige Zeit sehr gut herüber gebracht.

Kommen wir zu meinen "kleinen" Meckerpunkten. Was ich aber ein wenig fehl leitend finde ist der Text auf dem Cover „ein literarischer Liebesroman“. Für jemanden mit einer romantischen Ader würde ich bei diesem Buch nämlich total abraten. Descartes fand ich nämlich auch als männlicher Part in dieser „Liebesgeschichte“ unsympathisch, wobei sein Verhalten der damaligen Zeit wahrscheinlich einfach entsprach und demnach wirklich nicht unrealistisch war.
Die französischen und holländischen Sätze haben hin und wieder auch meinen Lesefluss gestört, weil ich mit den beiden Sprachen wirklich nichts anfangen konnte. Einige wurden jedoch kurz danach übersetzt und hauptsächlich war das Buch doch schon auf Deutsch.

Am Anfang kommt man wirklich gut und schnell in die Geschichte, ab ungefähr der Hälfte ließ das immer wieder ein wenig nach. Es gab schon ein paar Längen, bei denen ich mich zum Lesen zwingen musste, wobei es zum Ende wieder richtig besser geworden ist und auch ein wenig emotionaler. Genau was ich mir gewünscht habe.

Fazit:

Schreibtechnisch und historisch ein richtig tolles Erlebnis, aber es hat auch einige Schwächen und Kritikpunkte. Trotzdem regt es zum nachdenken, denn Worte liegen letztendlich in unserer Hand. Wir entscheiden welches Ausmaß sie bekommen können.

Zitat:

"Verbittert und neidisch schaute ich auf die Briefe, die der Limousin in seinen Ranzen gleiten ließ. Wenn meine Botschaft doch auch nur dort hineinschlüpfen könnte. Wie leicht ihre Wörter von einem Ort zum anderen kamen. Meine Steckten in mir, kleben an meiner Zunge."