Rezension

Worum geht’s hier eigentlich?

Das kalte Schwert - Richard Morgan

Das kalte Schwert
von Richard Morgan

Bewertet mit 3 Sternen

Am Ende des ersten Bandes war es so, dass die drei Helden sich zusammen gefunden haben und das Finale gemeinsam bestritten haben. Allerdings haben sie sich nach erfolgreichem Bestehen der Prüfung am Ende des Buches getrennt. Ringil ging nach Haus zu seinen Eltern, um über den Ausgang der Mission zu berichten und die anderen beiden, Archeth und Egar, zogen gemeinsam gen Yelteth. Dies hat mich irritiert, dachte ich zunächst nun, wenn sich die drei wiedergefunden haben, würden sie den Rest der Trilogie zusammen bleiben, aber weit gefehlt. Zu Beginn dieses Buches geht jeder wieder seiner Wege und der Leser erlebt wieder einmal jede Person einzeln. Dies ist zwar in anbetracht der logischen Fortsetzung des ersten Bandes sinnvoll – nur mit dem Punkt, dass ich nicht wusste, wohin die Geschichte nun laufen soll. Das große Ganze hat sich mir selbst nach 350 Seiten noch immer nicht erschlossen. Ich vermutete nun, dass die Expedition zur wiederaufgetauchen Kirtathinsel das Finale der Trilogie stellen könnte, doch leider ist mir da die eine oder andere Einzelheit nicht wirklich deutlich geworden, so dass ich immer noch nicht wirklich weiß, worum es geht. Dies finde ich für einen zweiten Teil schon sehr eigenartig, macht es so doch den Eindruck, als würde man erneut einen ersten Band lesen – oder drei verschiedene Bücher aus derselben Welt parallel… Aufgrund dieser Ziellosigkeit kam zwischenzeitlich regelrechte Langweile auf und das Buch zog sich wie Gummi.
Doch dies war nicht das einzige, was mich an diesem Buch etwas störte: Ringil erkrant an der Pest und schickt seinen Kameraden aus, sich selbst zu retten, bevor die Tore der Stadt geschlossen werden, ergibt sich selbst seinem Schicksal und betrinkt sich. Als es mit seiner Perspektive weitergeht, befindet er sich umherrirrend an den grauen Orten und ehrlich gesagt, habe ich diesen Teil des Buches nicht verstanden. Mir ist schon klar, dass die grauen Orten auch verwirrend sein sollen, da normale Menschen diesen Ort nicht mit intaktem Verstand verlassen können, doch diese Passagen zu lesen waren für mich dadurch extrem anstrengend. Er begegent dort einer Reihe von Bekannten und auch einem scheinbar wichtigen, doch entweder habe ich entscheidende Stellen aus dem Vorgängerband vergessen oder es wurde nicht ausführlich genug berichtet. Jedenfalls hatte ich stets das Gefühl irgendetwas verpasst zu haben – vor allem ging es mir so bei der Magie. Wo hat er die denn auf einmal gelernt?
Ein Vorteil hat dieses Buch gegenüber dem Vorgängerband: War in Glühender Stahl Sexualität in homo- und heterogener Form ein wichtiger Teil des Buches, wurde dieser Punkt hier sehr zurückgeschraubt. Passierte mal etwas, dass wurde es wesentlich kürzer abgehandelt und manchmal blieb es nur bei Andeutungen. Dies ist für mich eine entscheidende Verbesserung!
Der Schreibstil des Autors ist auch weiterhin so ausführlich, dass er es prima schafft Atmosphäre aufzubauen. Zudem ist er einfach gehalten, so dass man das Buch ohne Schwierigkeiten lesen kann. Negativ aufgefallen sind mir immer noch die vielen Flüche und derben Wörter, die vor allem Ringil in so manchem (inneren) Dialog von sich gab, doch vielleicht muss dies bei diesem Charakter sein. Zwischendurch gibt es innerhalb des Textes Rückblenden bzw. Erinnerungen bei allen drei Hauptdarstellern, welche auch wesentlich kürzer gehalten wurden, als im Vorgänger, was dem Lesefluss zuträglich war. Unabhängig davon ist es mir auch immer noch manchmal schwer gefallen, der Handlung zu folgen, wobei ich dies nicht an einem Punkt festmachen kann, denn die Handlung ist spannend und detailiert beschrieben.

Fazit: Das kalte Schwert ist wie auch sein Vorgänger ein unterhaltsames Fantasy-Werk. Durch die Homosexualität zweier Protagonisten u.a. des Hauptcharakters ist das Buch mittlerweile erfrischend anders, da der Schwerpunkt nicht mehr so stark auf der Sexualität bzw. bei den sexuellen Praktiken liegt. Unabhängig davon ist es mir, trotz des Nichtvorhandenseins stilistischer Mankos, nicht immer möglich gewesen der Handlung zu folgen. Im Gegensatz zum Vorgänger hat dieses Buch jedoch einen entscheidenden Nachteil: Das große Ganze ist mir nicht wirklich klar. Der Autor hat es nicht geschafft einen roten Leitfaden für seine Geschichte zu stricken, der sich durch die Trilogie zieht. Daher liest sich das Buch eher wie ein (weiterer) erster Band – heißt, langwieriger Einstieg, kurzes Finale. Dennoch hat mir das Buch so gut gefallen, dass ich die Fortsetzung auch noch lesen wollen würde, wobei ich schätze, dass ich, wenn sie denn erscheint, nicht mehr viel vom Inhalt weiß.