Rezension

Wunderbare Camouflage

Das gibts in keinem Russenfilm - Thomas Brussig

Das gibts in keinem Russenfilm
von Thomas Brussig

Bewertet mit 5 Sternen

"Das kontrafaktische Erzählen hingegen setzt sich über die Erfahrungen oder zumindest über das gesicherte Wesen der Leser hinweg: Jeder weiß, daß Hitler an der Kunstakademie abgelehnt. der Morgenthau-Plan verworfen und die Oktoberrevolution in Rußland losgebrochen wurde. Wozu also die Zeit mit etwas vergeuden, das erkennbar Unsinn ist? (S. 300).

Welche Camouflage. Genau das tut Brussig nämlich in seinem neuen Roman "Das gibt's in keinem Russenfilm". Die DDR existiert noch, der dort lebende Autor Thomas Brussig schreibt so etwas wie seine Lebensgeschichte. Beinahe zufällig schlittert er in eine Schriftstellerkarriere, ebenso zufällig wird er zum Dissidenten, der vor laufender (West-)Kamera den dreifachen Schwur tut, die DDR erst dann zu verlassen, wenn es jeder kann, "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" erst zu lesen, wenn jeder DDR-Bürger das darf und sich erst ein Telefon anzuschaffen, wenn das für keinen dort Lebenden kein unerfüllbarer Traum ist.

Fortan misst sich sein Leben an diesem Schwur, sogar seine erste Beziehung zerbricht daran, als seine Freundin, die Repressalien des Regimes leid, einen Ausreiseantrag stellt und bewilligt bekommt. Brussig bleibt als renitenter Kämpfer gegen die Regierung im Land, doch diese ändert sich, so dass nach und nach die Bedingungen seines Schwurs entfallen. Doch die Skepsis des Dichters gegen die Staatsgewalt bleibt.

Es gibt in noch, den Schelmenroman, und Brussigs "Das gibt's in keinem Russenfilm" ist dafür ein großartiger Beweis.