Rezension

Wunderbare Geschichte um Freundschaft und Liebe

Jahre wie diese - Sadie Jones

Jahre wie diese
von Sadie Jones

Bewertet mit 5 Sternen

„Jahre wie diese“ ist ein wunderbares Buch über Freundschaft und Liebe, das in Londons Theaterszene der 70er Jahre spielt. Sadie Jones schreibt gekonnt wie immer, analysiert genau, hält einen ruhigen Ton. Sie rutscht nie ins Kitschige ab, überstrapaziert ihre Geschichte nicht und schafft absolut glaubwürdige Charaktere, die mir sehr ans Herz gewachsen sind.

Jeder der Charaktere ist stark durch seine Kindheit geprägt. Nina merkt man die Unsicherheit an, die ihre im Wechsel abwesende, kritische und manipulative Mutter hinterlassen hat. Leigh sucht Sicherheit vor zu starken Gefühlen; hat sie doch miterleben müssen, wie sehr ihre Mutter von einem untreuen Mann verletzt wurde. Luke, der sich von klein auf um einen alkoholkranken Vater kümmern musste und dessen Mutter in der Psychiatrie sitzt hüpft in seinem Lebenshunger und Freiheitsdrang von einem Bett ins andere. Paul plagen eher alltägliche Sorgen um elterliche Vorwürfe, die man sich anhören muss wenn man einen bereits verheirateten älteren Bruder hat und statt die Firma des Vaters zu übernehmen lieber zum Theater gehen will. Trotz oder gerade wegen ihrer Fehler haben alle vier etwas unheimlich einnehmendes und sympathisches. Ihre Leidenschaft und ihre tiefe Freundschaft zeichnen Leigh, Paul und Luke aus. Lukes absolute Offenheit und Ehrlichkeit machen ihn zu einem besonderen und einnehmenden Menschen. Natürlich geht es auch hier nicht ohne Missverständnisse und Verletzungen ab. Als Luke sich Hals über Kopf in die labile Nina verliebt, stehen Freundschaft und Arbeit plötzlich nur noch an zweiter Stelle.

Man muss keine Angst haben, dass man hier „nur“ kaputten Charaktere folgt! Das ist keineswegs so. Es sind absolut normale junge Menschen mit normalen Träumen und Ideen. Ihre teils schmerzhafte Vergangenheit wird nicht unnötig ausgewalzt, nur hin und wieder in Erinnerung gerufen. Sadie Jones versteht es zu beschreiben, wie sie allmählich reifer werden und ihren Weg im Leben finden.

Sehr gefallen hat mir, dass es neben den Charaktere die man mochte, mit denen man gelitten und sich gefreut hat, auch solche gab, die einfach unsympathisch waren und gegen die man wunderbar eine Abneigung entwickeln konnte. Dazu war die Londoner Theaterszene der 70er Jahre schön beschrieben und nahm insgesamt nicht übermäßig Platz ein. Auch ich als Theaterlaie habe mich hier wohl gefühlt und die Stimmung genossen. Insgesamt eine absolut runde Geschichte, die ich sehr gerne gelesen habe.