Rezension

Wunderbarer historischer Familienroman

Gut Erlensee – Marillas Schicksal -

Gut Erlensee – Marillas Schicksal
von Juliana Weinberg

Bewertet mit 5 Sternen

Nachdem ich bereits zahlreiche Werke dieser talentierten Autorin gelesen habe (insbesondere ihre Romanbiografien über Audrey Hepburn und Elizabeth Taylor zählen zu meinen all-time favorites), freut es mich sehr, dass es für uns Fans nun gleich eine ganze Buchreihe aus ihrer Feder zu entdecken gibt.

 

"Marillas Schicksal" bildet den dritten Band der Familien-Saga "Das Gut am Erlensee" und lässt uns in die von Zerrissenheit geprägten Jahre nach dem Ersten Weltkrieg eintauchen. Geschickt sind politische Ereignisse und gesellschaftliche Entwicklungen bzw. damalige Ansichten und soziale Konflikte in die höchst emotionale Handlung eingewoben worden, ohne je trocken oder wie lediglich eine Aufzählung von Fakten zu wirken. Vielmehr gelingt es der Autorin spielerisch, uns den Alltag der Figuren auf realistische Weise näherzubringen.

 

Wie der Buchtitel erahnen lässt, steht zwar die mittlere Tochter Marilla im Fokus, doch tatsächlich fiebern wir mit der gesamten Familie Lamprecht mit - insbesondere Carlas Aufbegehren gegen den damals klassischen Lebensentwurf für Frauen und Gregors … nennen wir es mal 'Konflikt mit einem gewissen Gesetz', das ich aus Gründen der Spoilervermeidung nicht weiter ausführe, sorgen für Turbulenzen. 

 

Auch in puncto emotionale Tiefe liegt die Betonung auf Authentizität - Marillas Trauer um ihren bei einem Autounfall verunglückten Mann Eduard hat mich zutiefst berührt. 

 

"[…] zurück blieb nichts als ein Album sepiafarbener Fotos mit gezackten Rändern, die einzigen Überbleibsel einer großen Liebe, die ein allzu jähes Ende gefunden hatte."

 

Eindringlich und stark schildert die Autorin Marillas Gefühlsmix (sowie die Hilflosigkeit ihrer Mitmenschen). - Trauer, Verzweiflung, Wut, Gleichgültigkeit gegenüber allem, Hadern mit der Welt, Pflichtgefühl (gegenüber ihrer Familie, ihrer kleinen Tochter Emilie), aber irgendwann auch die vorsichtige Hoffnung auf ein neues Glück.

 

Eigentlich mag ich es nicht, wenn in einer Geschichte Charaktere vorkommen, die mich mit ihren verbohrten Ansichten oder ihrem störrischem Verhalten zur Weißglut bringen (von Intrigen und Co. fange ich gar nicht erst an) - so was regt mich meist noch Tage später auf. Aber hier werden ebenjene Figuren wunderbar ausgeglichen durch den schlichtweg mitreißenden, bildreichen, rundum harmonischen Schreibstil, die spannende Entfaltung der Ereignisse und natürlich die Sympathieträger der Story, denen man von Herzen Gutes wünscht.

 

Tolles Extra: Der vorangestellte Stammbaum der Familie Lamprecht.

 

Fazit:

Klare Leseempfehlung für alle Fans von atmosphärischen, tiefgründigen historischen Romanen!