Rezension

Wunderschön!

Das Dorf der Wunder - Roy Jacobsen

Das Dorf der Wunder
von Roy Jacobsen

Bewertet mit 5 Sternen

Voller Menschenwärme

Winterkrieg, es ist 1939 und die Sowjetunion überfällt Finnland. Nahe der russischen Grenze wird von den finnischen Truppen ein Dorf evakuiert, nur Timo, der Holzfäller, weigert sich, sein Dorf zu verlassen. Er ist davon überzeugt, in seinem Dorf genau so gut überleben oder sterben zu können, wie auch an einem anderen Ort.
Nach der Evakuierung hat Timo das Dorf und die Stille nur kurze Zeit für sich denn schnell kommen russische Soldaten, die zunächst den Großteil der Häuser niederbrennen, sich dann jedoch besinnen und erkennen, daß Timo, der sich selbst als schlicht beschreibt, wichtig ist für das Überleben der Soldaten. Unter Lebensgefahr wird er mit anderen Zwangsarbeitern in die umliegenden Wälder geschickt, um Holz zu schlagen. Zwar gelingt ihm mit den anderen Holzarbeitern die Flucht und schließlich nach dem Rückzug der russischen Truppen auch die Rückkehr in sein Dorf, jedoch ist er immer unter Verdacht: bei den russischen Truppen, weil er zurückgeblieben ist im Dorf, bei den finnischen, weil er die russische Zwangsarbeit überlebt hat.
Außenseiter bleibt er immer und verdächtig allemal. Nur unter den Holzfällern weiß er sich zu behaupten, erringt eine führende Position bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich alle wegen der herrschenden Umstände trennen müssen, für einige einfach aus der Notwendigkeit zum Überleben.
Lange findet Timo keine Ruhe, versteht selbst die Geschehnisse jener Monate im Winterkrieg 1939 nicht mehr. Als er Jahre später über diese Geschehnisse einen Bericht liest, ist er beinahe erschüttert, zweifelt an seinen Erinnerungen, die so ganz anders sind als die Berichterstattung. Nie ist es sein Krieg gewesen, immer nur ein Krieg anderer, der ihn nicht hatte betreffen sollen. Er hat ihn nie gewollt, nie benötigt, schließlich kannte er kein Machtgefühl und auch zu der Zeit, in der er ein Anführer" war, hat es nie mit Macht zu tun gehabt sonder mit seinem Selbstverständnis der Fürsorge für andere, egal welcher Herkunft. Ein Held ... der Menschlichkeit.

Der norwegische Autor erzählt die Geschichte des Finnen Timo aus der Ich-Perspektive. So kann der Leser das klare Denken des einfachen Holzfällers genau mitverfolgen, aus der Betrachter-Perspektive würde der Mann mit seinen Einstellungen zum Leben merkwürdig wirken. Das macht das lesen dieses schönen Romans entspannt und die Handlung logisch. Gleichzeitig gibt es noch etwas Geschichts-Unterricht, denn dieser Kriegsschauplatz ist größtenteils vergessen, allerdings wird auf die Hintergrundpolitik verzichtet.