Rezension

Wunderschön!!

Die Oleanderfrauen - Teresa Simon

Die Oleanderfrauen
von Teresa Simon

Hamburg 1936: Das Leben der siebzehnjährigen Sophie Terhoven ist unbekümmert und unbeschwert. Als Tochter eines Hamburger Kaffeebarons genießt sie viele Freiheiten und erlebt die erste Liebe. Die ist allerdings nicht standesgemäß, denn Hannes Kröger, unehelicher Sohn der Köchin, käme als Ehemann nie in Frage. Standesdünkel und ein dunkles Geheimnis stehen dieser Verbindung im Weg und der nahende Krieg bringt noch mehr Unheil...

Hamburg 2016: Jule hat ein kleines Café eröffnet. Nach einem abgebrochenen Geschichtsstudium hat sie sich diesen langgehegten Traum erfüllt und verwöhnt ihre Gäste mit ihren ausgefallen Kuchen- und Kaffeekreationen. Als Nebenverdienst bietet sie ihre Dienste als Schriftsstellerin an. Mit "Ich schreib Dir Dein Leben" verfasst sie auf Wunsch Biographien. Und dann ist da noch Johanna, eine ältere Dame. Sie findet ein faszinierendes Tagebuch auf dem Dachboden ihrer verstorbenen Mutter und bittet Jule es für sie neu zu schreiben. Beide Frauen sind sich schnell sympathisch und sie ahnen nicht, dass sie mehr verbindet, als diese Zufallsbekanntschaft.

Teresa Simon trifft mit ihren Büchern immer genau meinen Nerv. "Die Holunderschwestern" und "Die Frauen der Rosenvilla" habe ich mit sehr großer Begeisterung gelesen. Mit "Die Oleanderfrauen" hat die Autorin es geschafft mich sogar noch mehr in ihren Bann zu ziehen. Sie schreibt so packend und fesselnd, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen möchte.

Die beiden überaus spannenden Zeitstränge sind geschickt ineinander verwoben und lassen uns Leser kaum innehalten, so neugierig ist man, wie es denn weitergeht. Unerwartete Wendungen, berührende Momente und dramatische Ereignisse halten die Spannung stets auf einem hohen Niveau, dass man beinahe glaubt einen Krimi vor sich zu haben. Man spürt die ständig wachsende Gefahr der Vorkriegszeit. Fühlt die Verzweiflung, die eine Mutter mit aller Härte trifft, als sie ihr Kind weggeben muss, um es vor den Nazis zu schützen. Fällt mit Sophie in ein großes schwarzes Loch, als sie die schreckliche Wahrheit über Hannes erfährt. Ist verärgert über die unverschämte Mieterhöhung, die Jules Existenz bedroht. Man kann nicht anders, als mit den Protagonisten mitzuleiden und zu bangen und natürlich zu hoffen. Denn das ist der Leitspruch der Familie. DUM SPIRO, SPERO (Solange ich lebe, hoffe ich). Und Hoffnung ist es auch, was sich hier wie ein roter Faden durch das Buch zieht. Nie aufgeben ist die Devise, es gibt immer einen Weg.

Teresa Simon hat ihre Charaktere auch in diesen Buch wieder wunderbar authentisch und lebendig gezeichnet, so dass man sie bildlich vor Augen hat und fast glaubt, sie zu kennen. Die Nebendarsteller sind ebenfalls detailliert dargestellt und erhalten ein reales Gesicht und ihren verdienten Platz im Roman. Die Geschichte ist voller Emotionen, sie ist berührend und erschreckend zugleich. Ab und zu findet man auch eine Prise Humor, geschickt ins Geschehen verknüpft. Und noch eines kann die Autorin perfekt, nämlich recherchieren. Wir tauchen tief ein in die schwarze Geschichte des Nationalsozialismus, erfahren erschütternde Einzelheiten über den spanischen Bürgerkrieg, avancieren zu wahren Experten über Kaffee. Das ist Geschichtsunterricht, wie ich ihn mir früher gewünscht hätte, ohne erhobenen Zeigefinger, spannend und informativ. Allein dafür muss man das Buch lesen. Die gefühlvolle, episch breite und erschütternde Familiengeschichte, die durchgehend mit Überraschungen aufwartete, macht es in meinen Augen zu einem kompletten Gesamtkunstwerk. Ein sehr schönes Tüpfelchen auf dem I sind die passenden Rezepte im Anhang. wie man es schon aus den Vorgängerbänden kennt und das passende wunderschöne Cover, das ebenfalls darauf zurückkommt.

Ich freue mich schon auf das angekündigte neue Werk der Autorin, das auch noch in Wien, einer meiner Lieblingstädte spielt.