Rezension

Wunderschöne Geschichte in einer tollen Kulisse ♥

Ein englischer Sommer - Gabriele Diechler

Ein englischer Sommer
von Gabriele Diechler

Bewertet mit 5 Sternen

~~Klappentext
Stow-on-the-Wold ist ein kleines idyllisches Städtchen in den Cotswolds im Herzen Englands. Hierher verschlägt es die dreißigjährige Annett aus Berlin: Völlig überraschend hat sie ein kleines Hotel geerbt, das ihrer Großmutter gehört. Beim Anblick der sanft geschwungenen Hügel fühlt sie sich sofort heimisch und beschließt, Berlin hinter sich zu lassen und einen Neuanfang zu wagen: beruflich und auch in der Liebe. Schon bald lernt sie den charmanten Landschaftsarchitekten Edward kennen. Beide fühlen sich zueinander hingezogen, doch Edward scheint zu zögern …

 

Eine Liebe bliebt eine Liebe. Selbst wenn sie zerbricht.“ (Seite 61)
„Wahre Liebe erwartet nichts, deshalb zerbricht sie auch nicht.“ ( Seite 84/85)

Annett hat ihr Leben in Berlin. Sie arbeitet als Mediatorin und langsam fasst sie damit Fuß. Mit Ingo glaubt sie den perfekten Partner an ihrer Seite zu haben. Doch an einem einzigen Tag bricht ihre Welt zusammen. Statt des erhofften Heiratsantrags verkündet Ingo, dass er für ein Jahr nach Amerika gehen wird. Annett trennt sich von Ingo. Am gleichen Abend erfährt sie, dass ihre geliebte Großmutter Jetta plötzlich verstorben ist. Sie macht sich sofort auf den Weg nach England.

Jettas Tod erinnert mich daran, dass ich etwas Wichtiges versäumt habe. Jemandem nahe zu sein und dadurch mich selbst zu erkennen.“ (Seite 128)

In Stow-on-the-Wold angekommen, kümmert sie sich erst einmal um die Beerdigung ihrer Großmutter und das kleine Hotel, welches der Großmutter gehörte. Bei den Vorbereitungen für die Beerdigung trifft sie auf Edward, der ihre Großmutter Jetta gekannt hat. Beide fühlen sich voneinander angezogen. Doch Edward hat mit seinen eigenen Familienverhältnissen zu kämpfen.

Er spürte, dass er im Begriff war, sich auf eine völlig neue Weise zu verlieben. Nicht nur mit Herz und jeder Faser seines Körpers, wie er es kannte. Diesmal war es, als würde er an einen warmen, sicheren Ort schlüpfen, wo es nur noch die Liebe gab.“ (Seite 212)

Annett fühlt sich wohl in diesem Hotel und auch in den Cotswolds. Bei der Testamentseröffnung wird schnell klar, dass Annett und nicht ihre Mutter das Hotel geerbt hat. Doch wird Annett das Erbe annehmen? Und wie reagiert ihre Mutter auf das Testament?

Ich habe mich verliebt, weil ich das Leben, das wir damals führten, nicht mehr ertragen konnte. Wir hatten das Wunder des Lebens verloren. Wir haben nur noch existiert. Ich wusste mir nicht anders zu helfen, als emotional auszuweichen.“ (Seite 254)

Ein wundervoller Roman, den ich an einem Sommertag gelesen habe. Man taucht ein, und mag gar nicht mehr wieder zurück kommen. Mit jeder Seite fühlte ich mich Annett verbunden. Konnte die Cotswolds riechen und bildliche vor mir sehen. Die wundervollen Garten und Cottages weckten eine Sehnsucht in mir, sofort hinzureisen. Diese Sehnsucht wurde noch größer, als die Autorin Gabriele Diechler Bilder dieser Gegend auf Facebook postete. Sie hatte sie bei einer Recherchereise dort aufgenommen.

Der Roman gliedert sich zu Anfang in zwei Erzählstränge. Später fällt einer weg, dafür gibt es dann hin und wieder Rückblicke, sowie Tagebucheinträge. Der Stil lässt sich flüssig lesen.

Thematisch befasst sich Gabriele Diechlers Roman … mit den gestohlenen Biografien der Kinder der Widerstandskämpfer …  dem Verlust und Suche der eigenen Identität … dem Verzeihen und Loslassen …

Eine kluge Frau hat einmal zu mir gesagt, Verzeihen sei, als würde man zum ersten Mal auf ein Fahrrad steigen und losfahren. Der Entschluss, es zu versuchen und fest in die Pedale zu treten, reiche aus.“ (Seite 343)

An dieser Stelle möchte ich auch einmal das Nachwort erwähnen. Ich liebe Nachworte. Gabrieles Nachwort hat mich sehr berührt. Es zeigt wie engagiert sie ist. Wie sehr ihr das Schreiben, aber auch die Leser*innen am Herzen liegen. Keine an sie gestellten Fragen bleiben unbeantwortet und wie schon erwähnt, gibt sie auch Details, wie die Bilder auf Facebook, preis.

Die Liebe ist seit langem mein Leitmotiv, und das Leben bietet mir immer wieder Gelegenheiten, mich noch eingehender damit zu befassen. Besonders in schwierigen Momenten durfte ich entdecken, dass die Liebe nie vergeht, sie ist sogar im Schatten zu finden – wenn wir selbst das Licht sind, Traurigkeit annehmen und sie so irgendwann in Zuversicht wandeln.“ (Seite 262)

Liebe Gabriele, mit den nachfolgenden Worten aus Deinem Nachwort sprichst Du mir aus der Seele. Ich freue mich, dass ich Dein Buch lesen durfte. Es hat mir viel geschenkt. Dafür danke ich Dir sehr ♥♥♥

Große Freude empfinde ich, wenn ich an die Menschen denke, die Bücher lieben, kaufen, lesen, weiterempfehlen, besprechen, die ohne die Geschichten, die wir Autorinnen und Autoren uns ausdenken, nicht sein wollen.
Die Liebe zu Büchern, zum Wort, zu Geschichten eint uns!!!“ (Seite 263)

Unbedingt lesen, denn …

Tu alles, was du kannst, in der Zeit, die du hast, an dem Ort, wo du bist!“ (Nikosi Johnson)