Rezension

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Wunderwunderwunderbar

Die Glasglocke - Sylvia Plath

Die Glasglocke
von Sylvia Plath

Bewertet mit 5 Sternen

"Die Glasglocke" ist eines meiner absoluten Lieblingsbücher, der stark autobiographisch geprägte, leider einzige Roman der wunderbaren Sylvia Plath. Kurz nach Erscheinen des Buches nahm sie sich das Leben.

Esther Greenwood, 19, erfolgsverwöhnte Collegestudentin aus Neuengland, gewinnt bei einem Schreibwettbewerb ein vierwöchiges Volontariat bei einer Modezeitschrift in Manhattan. Wir schreiben das Jahr 1953, die ganze Szenerie hat heutzutage einen unwiderstehlichen "Mad Men" - Charme :-)
Gemeinsam mit den elf anderen Gewinnerinnen wohnt, arbeitet und feiert Esther, wird mit Gutscheinen, Einladungen und Geschenken verwöhnt. Schnell freundet sie sich mit zwei der anderen Mädchen an, der braven Betsy und der weltmännischen Doreen. Doch irgendwie schafft es nicht wie diese Beiden ihren Platz zu finden, statt die Zeit in Manhattan in vollen Zügen zu genießen, beginnt sie an sich zu zweifeln und zu bemerken wie unglücklich sie tatsächlich ist - und das eigentlich schon seit ihrem 9. Lebensjahr. Ihr fest vorgezeichneter Weg - Heirat mit Buddy Willard, der gerade seine Tuberkulose in einem Sanatorium kuriert, Schreibkurs bei einer berühmten Schriftstellerin und anschließendes Studium an einer Eliteuni an der Ostküste - beginnt zu bröckeln. Als sie herausfindet dass Buddy bereits mit anderen Frauen geschlafen hat, hasst sie ihn "wie die Pest", ihre Bewerbung für den Schreibkurs wird abgelehnt. Esther befindet sich plötzlich im freien Fall...
Nach ihrer Rückkehr aus New York kann sie nicht mehr richtig schlafen, wäscht sich nicht mehr und vegetiert nur noch in ihrem Zimmer vor sich hin. Der Psychiater der ihr helfen soll verschreibt Elektroschocks, nach der ersten (unadäquaten) Behandlung ist Esther so verstört dass sie sich lieber das Leben nehmen will als das noch einmal erleben zu müssen. Sie überlebt den Suizidversuch und kommt in die Psychiatrie. Dank Philomena Guinea (die Schriftstellerin an deren Schreibkurs Esther teilnehmen wollte) wird sie in eine noble Privatklinik verlegt. Dort geht es ihr langsam besser als plötzlich Joan, eine ehemalige Mitschülerin von Esther eingeliefert wird ...
Ich will nicht zuviel verraten, aber nur so als kleiner Appetitanreger: im Buch kommt unter anderem ein vergiftetes Meeresfrüchtebuffet, ein missglücktes Doppeldate, eine geniale Klamotten-aus-dem- Fenster-werf-Szene, eine Entjungferung mit fast lebensgefährlichem Ausgang und eine Flucht als Freiwillige aus dem Krankenhaus vor. Außerdem viele kluge Beobachtungen, Gedanken und Metaphern...
Leicht, unterhaltsam und sarkastisch erzählt, spürt man trotzdem immer den steten Kampf von Verzweiflung, Resignation und Hoffnung im Hintergrund. Und man möchte so gerne hoffen, man fühlt so sehr mit, mit dieser sympathischen, leicht tollpatschigen, intelligenten, großartigen Antiheldin. Ein Buch zum "immer wieder lesen"!