Rezension

Zamonien, der Kontinent der Fantasie...

Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär - Walter Moers

Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär
von Walter Moers

Bewertet mit 4 Sternen

Käpt'n Blaubär ist eine Institution. Eine ganze Generation Kinder, Eltern, Großeltern kennen ihn aus dem Fernsehen, kennen seine doppelbödigen Geschichten, die er den drei Kleinen Bärchen und Hein Blöd erzählt. Aber wer kennt die Biographie des berühmten Seemanns? Außer ihm keiner. Weil er seine Lebenserinnerungen stets für sich behalten hat, genauso wie seine köstlichsten Rezepte. Jetzt hält der Käptn die Zeit für gekommen, seine Geheimnisse zu lüften, wenn auch längst nicht alle. Aber allein die, die er preisgibt, reichen für dreizehneinhalb Leben aus. Er charakterisiert seinen Blaubär-Roman selbst 'als ein kühnes Unterfangen von epischen Ausmaß' und erklärt dies damit, dass 'früher alles viel größer war - natürlich auch die Abenteuer'.

"Ein Blaubär hat 27 Leben. 13 1/2 daon werde ich in diesem Buch preisgeben. Über die anderen werde ich schweigen. Ein Bär muss seine dunklen Seiten haben. Das macht ihn attraktiv und mysteriös..."

Wie um Himmels willen soll man zu solch einem Feuerwerk an Fantasie eine Rezension schreiben? Wo hat ein einzelner Mann nur so viele Einfälle her? Dass es mit diesen 1117 Minuten Hörspaß nicht getan ist, beweisen die inzwischen zahlreichen Bücher von Walter Moers, die zum großen Teil ebenfalls in Zamonien spielen - doch dies hier ist der erste Band.

Walter Moers ist der Erfinder des Käpt'n Blaubär, und als mein Sohn kleiner war, genossen wir die Lügengeschichten des blauen Seemanns allsonntäglich im Abspann der 'Sendung mit der Maus'; eine Sammlung der Geschichten gab es auch noch auf einer Hörspiel-Cassette, die mein Sohn schließlich auswendig hersagen konnte. Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass wir zu den Fans des berühmten Lügenbärs gehören.

Was lag also näher, als sich endlich einmal mit der Vita des Käpt'n Blaubär zu befassen? Nichtsahnend schaltete ich das Hörspiel ein - und war gefangen. Gefangen in einer Welt überbordender Fantasie, in der ein Geistesblitz den nächsten jagt. Unmöglich, hier alle Stationen aufzuzählen, aber einen kleinen Einblick möchte ich schon gewähren, um neugierig zu machen auf dieses außergewöhnliche Werk.

Käpt'n Blaubär ist nicht geboren worden, sondern treibt eines Tages in einer winzigen Nussschale auf dem Meer. Er wird von Zwergpiraten gerettet - einem netten, harmlosen Völkchen, dessen einzige Laster das Singen von Piratenliedern und das Prahlen sind. Doch als er zu groß wird, setzen ihn die Zwergpiraten zwangsläufig eines Tages aus - und ab da beginnt seine unglaubliche Karriere. In seinen 13 1/2 Leben begegnet der Blaubär einem gehässigen Stollentroll (ein Ausbund an Bosheit und Falschheit), unangenehmen Nattifftoffen, quasselnden Tratschwellen, durch die Wüste ziehenden Gimpeln, dem Wahnsinn, Fredda, der Berghutze – eine Figur skurriler als die andere. Schließlich wird ein hochintelligentes Häufchen Dreck namens Zamomin seinem Schöfper, dem siebenhirnigen Professor Dr. Abdul Nachtigaller (dessen äußerst informatives Lexikon den Blaubären und den ihn begleitenden Hörer durch den gesamten Roman mit wissenswerten Hintergründen versorgt), ebenso wie dem Blaubären beinahe zum Verhängnis.

Aus der Ich-Perspektive des Käpt'n Blaubär werden die fantastischen Abenteuer erzählt, und keine Minute vergeht ohne einen neuen Einfall. Bizarre Welten tun sich da auf, durch die sich der in der Nachtschule von Professor Dr. Abdul Nachtigaller mit Intelligenzbakterien infizierte Blaubär manchmal souverän, manchmal mit mehr Glück als Verstand bewegt. Ein Heidenspaß also für alle, die Fantastischem nicht abgeneigt sind.

Weshalb also nur vier Sterne? Nun, neben der wirklich humorvoll-fantasiereichen Handlung gab es immer wieder auch langwierige Aufzählungen, die mich zunehmend ermüdeten. Ich ertappte mich das ein oder andere Mal dabei, bei derlei oft schier endlosen Auflistungen nur noch mit halbem Ohr zuzuhören, was sich erst dann wieder änderte, wenn die eigentliche Handlung fortgesetzt wurde. Und der Sprecher Dirk Bach - nun, so professionell, wie er hier auch lesen und den verschiedenen Figuren gelungen unterschiedliche Stimmen geben mag: es ist nicht die richtige Stimme. Wer Käpt'n Blaubär kennt, weiß, dass es hier eigentlich nur eine Stimme geben kann, und das ist die von Wolfgang Völz. Der liest Prolog und Schlusswort, aber dazwischen ist es Dirk Bach, der die Lesung hält, und das finde ich in dem Fall schon ein wenig schade.

Nichtsdestotrotz war dies ein sehr unterhaltsames Hörvergnügen, das ich allen Fans fantastischer Geschichten nur empfehlen kann. Und ich bleibe Zamonien treu - sicher werde ich auch bald die Folgebände genießen!

© Parden