Zerrissen zwischen Tradition und Zukunftsträumen
Bewertet mit 4 Sternen
In diesem Roman spielt der Schauplatz Hawaii eine genauso tragende Rolle wie die Figuren. In Kalihi, einem Stadtteil von Honolulu, lebt die fünfköpfige Familie Flores und kommt finanziell kaum über die Runden. Rettung erhoffen sie sich von Sohn Nainoa, der offensichtlich über heilende Kräfte verfügt. Die besondere Gabe entpuppt sich jedoch im Laufe der Handlung als Segen und Fluch zugleich.
Der Autor wechselt mehrmals die Erzählperspektive und gibt den Familienmitgliedern eine eigene Stimme und charakteristische Sprache, so dass man die schwierigen Beziehungen untereinander immer besser begreift. Ich konnte mich vor allem in die Geschwister Dean und Kaui hinein fühlen, die darunter leiden, im Schatten des Wunderknaben zu stehen, selbst als sie schon längst die Heimat verlassen haben, um ihre eigenen Wege zu gehen.
Was die tiefe Verwurzelung und die Sehnsucht nach ihrer Heimat mit den drei Kindern macht, erzählt Kawai Strong Washburn in einprägsamen Bildern voller Magie und Demut vor der Umwelt. Es gelingt ihm sehr gut, die Zerrissenheit der Insel zwischen Tradition und Moderne anhand einer exemplarischen Familie zu vermitteln. Die beschriebenen hawaiianischen Mythen und Legenden in Kontrast zum fortschreitenden Raubbau und der Armut haben mir das beliebte Touristenziel aus einem völlig neuen Blickwinkel gezeigt.